Mexico City
24.01.2018

Unser Flug landet morgens um 7:00 Uhr.
Also jede Menge Zeit, um sich zurechtzufinden und anzukommen.
Viel gelesen haben wir auch schon und so steuern wir nach dem ersten Geldabheben zielsicher einen offiziellen Taxistand „Sitio“ an.

Das Taxi bringt uns bis an unser Hostel „Mexiqui“ am Zócalo (Zentraler Platz einer Stadt), welches sogar noch schöner ist, als wir erwartet haben. In allen Räumen findet sich Kunst an den Wänden. Es gibt einen Raum zum abhängen und eine Dachterrasse mit Blick auf die Kathedrale. Fabelhaft.

Beim Einchecken entdecken wir eine Tafel mit umgangssprachlichen Wörtern. Ein paar davon dürfen gerne zu unserem neuen Vokabular hinzukommen. Andere werden wir wohl eher nicht benötigen…

Da wir unser Zimmer noch nicht beziehen können, machen wir es uns auf der Dachterrasse gemütlich. Hier wird gerade der Künstler, der das ganze Hostel dekoriert hat, von einem Fernsehteam interviewed.

Ein paar Minuten schauen wir dem Geschehen zu, dann dösen wir in der Sonne ein.

Tatsächlich verlassen wir das Hostel an diesem Tag höchsten für eine Stunden. Wir laufen eine der Einkaufsstraßen entlang bis zu einem großen Platz, an dem ein Handyladen liegen soll. Hier steht auch der Palacio de Bellas Artes.

Neben dem Gebäude erlebe ich ein Déjà-vu, denn der Eingang zur Metro-Station ist eine Kopie der Metroeingänge von Hector Guimard in Paris.

Wir finden den Handyladen, aber wir sind so müde, dass wir die Entscheidung für einen Tarif auf morgen verschieben. Stattdessen entscheiden wir einstimmig „kein Stress!“ und kehren einfach ins Hostel zurück.

Im Erdgeschoss gibt es ein Restaurant mit fünf verschiedenen Küchen, die einem sowohl europäische als auch mexikanische Gerichte servieren und zudem gibt es auch noch Sushi. Wir sind also auch für´s Abendessen gut bedient.

Eine gute Entscheidung, denn dank Klimawandel regnet es fast den ganzen Abend, was die Einheimischen geradezu unverschämt finden.

Im Gemeinschaftsraum ist niemand und nutzen wir ihn zum Tanzen und Poispielen. Schon gegen sieben oder acht Uhr ist auf der Straße tote Hose. Doch dann beginnt auf dem Platz neben der Kathedrale jemand zu trommeln und es kommen immer mehr Menschen zusammen, die wild tanzen. Fasziniert unterbrechen wir immer wieder unseren eigenen Tanz, um ihnen zuzusehen.
Es sieht geradezu wie ein altertümliches Ritual aus.
Vielleicht sind es die Tanzgruppen, die Tags für Geld auf ebendiesem Platz auftreten?

Das Museo Soumaya und die Straßen in Mexico City
25.01.2018

Nachdem uns gestern alles etwas zu viel war, fühlen wir uns heute schon wieder etwas fitter.
Wir erstehen recht schnell ein SIM-Karte und nehmen dann die Metro, um in die Nähe eines architektonisch interessanten Museums zu kommen.

Von der Station zum Museum sind es etwa 2km.
Wir entscheiden zu laufen, denn über dieses Viertel haben wir nichts schlechtes gehört.

Tatsächlich ist es recht nett. Viele der Häuser sind bunt angestrichen und die Leute grüßen lächelnd zurück. Auf einem kleinen Markt erstehen wir Hibiskusblüten und Bananen.

Das Museum gefällt uns gut, es wurde von einem mexikanischen Architekten entworfen, der vor der Gründung seines eigenen Büros ein paar Jahre für Rem Koolhaas gearbeitet hat. Die geschwungene Form ist angeblich von den Skulpturen Rodins inspiriert, einem der Lieblingskünstler des Auftragsgebers, wie sich unschwer in der Ausstellung erkennen lässt.
Carlos Slim Helú stand zum Zeitpunkt des Baus (2011) auf Platz eins der Liste der Reichsten der Welt. Das Museum ließ er für seine Privatsammlung im Wert von 700 Millionen Dollar errichten.

Abgesehen von vielen Gemälden von Heiligen und natürlich den Rodin-Werken gibt es auch eine asiatische Ausstellung mit filigranen Schnitzereien.

Weil uns das Laufen gut gefallen hat, spazieren wir weiter Richtung eines Parks, in dem sich auch einige Sehenswürdigkeiten befinden.

Allerdings werden wir unterwegs aufgehalten.
Wir entdecken in einem Schaufenster alle möglichen, gebackenen Leckereien.
Das sieht aus, wie die teigigen Bestseller aus aller Welt in einem einzigen Laden?!
Geht man in den Laden hinein, kann man sogar durch eine Glasscheibe die Produktion beobachten.

Wir können einfach nicht widerstehen und kaufen ein paar Teilchen.

So ins Futtern gekommen, machen wir gleich wieder Halt, als wir einen Straßenstand mit langer Schlange entdecken.
„Wo viele anstehen, da soll man essen!“, lautet das Motto hier in Mexiko.
Und es stimmt; die Tacos sind fantastisch!

Endlich im Park angekommen, ist es schon zu spät um noch etwas zu besichtigen.

Wir werden wohl wiederkommen müssen. Die Eichhörnchen machen zum Glück noch nicht Feierabend. Sie sind in diesem Park überall.

Und sie sind zahm! Hält ihnen jemand etwas zu Futtern hin, kommen sie herbei und nehmen es ganz vorsichtig aus seinen Fingern.

Wieder im Hotel versuchen wir unseren Aufenthalt um drei Nächte verlängern, doch unser Privatzimmer ist schon von jemand anderem gebucht und so müssen wir uns eine neue Bleibe suchen, obwohl im Hostel insgesamt nicht viel los ist. Aber leider sind die anderen Zimmer eben alle Schlafsäle.

So nutzen wir an diesem Abend nochmal den großen Raum zum Tanzen und Poispielen.

 

Die Pyramiden „Teotihuacán“
26.01.2018

Wir stehen früh auf uns checken aus. Die Rucksäcke bleiben im Hostel.

Mit der Metro fahren wir zur Station für Fernbusse und von dort geht es mit dem Bus zu den Pyramiden.

Die Fahrt dauert gute 40 Minuten, vorbei an abertausenden von Häusern. Manche sind in den für Mexiko so typischen Farben gestrichen, bei anderen lässt sich schwer sagen, ob sie noch im Bau oder schon im Verfall sind. Oder beides.

Bei den Pyramiden angekommen, verschlägt es uns schier den Atem. Das Gelände ist riesig.
Zwei gigantische und etliche kleinere Pyramiden bedecken es.

Wir setzen uns erst mal einfach hin und staunen.

Ich erliege mal wieder der Architekten-Krankheit und streichle Wände.
Diese hier ist sehr schön restauriert. Nur leider weiß ich nicht, ob die Steinchen in den Fugen auch früher schon verwendet wurden. Tja, machmal wäre ein Guide doch ganz nützlich.

Dann suchen wir uns einen Weg durch eine Schar von Souvenir-Händlern und klettern die ersten zwei Etagen der großen Sonnenpyramide empor. Dort, auf höchstens halber Höhe, spazieren wir auf die Rückseite.

Während auf der Vorderseite ein fortlaufender Strom an Touristen das Bild bestimmt, ist hier tote Hose. Wir machen es uns gemütlich uns dösen ein wenig in der Sonne.
Es ist einfach zu gemütlich und der Blick auf die Mondpyramide ist wunderbar.

Als sich Wolken vor die Sonne schieben und wir langsam wieder etwas wacher werden, machen wir ein paar Aufnahmen mit den Poi.

Dann erklimmen wir die letzten zwei Etagen der großen Pyramide und genießen gemeinsam mit hunderten anderer Touristen die Aussicht. Unser kleiner „Privatplatz“ zwei Stockwerke tiefer, war gemütlicher. Wenn man die gigantische Aussicht von ganz oben alleine genießen will, muss man vermutlich wesentlich früher aufstehen!

Obwohl wir etliche Stunden für die Besichtigung eingeplant haben, schaffen wir es am Ende nicht mal mehr ins Museum.
Die zu laufenden Strecken sind wirklich nicht gerade klein und häufig geht es Treppen hoch und Treppen runter. Und wir sind zudem bekanntlich sehr gemütlich.

Kurz bevor die Anlage schließt, verlassen wir das Gelände. Eine Deutsche spricht uns an und fragt, ob wir wüssten, wo der Bus abfährt.

Wir verneinen, aber als ich einen Händler anspreche, zeigt er mit dem Finger einfach auf die andere Straßenseite. Tatsächlich versteckt sich dort ein blaues Schild mit einem Bus.

Wieder in der Stadt stellen wir leider in der letzten Metro fest, dass die Rushhour beginnt. Die wollten wir gerne vermeiden. Aber dann denken wir uns, dass wir das ja ruhig auch mal erlebt haben können.

Als wir es ganz schön eng finden, erklärt uns die Deutsche, dass das noch lange nicht die Rushhour sei. Da käme man oft gar nicht mehr in den Wagon hinein.

Als wir aussteigen, stellt sich heraus, dass der kleine Geldbeutel aus Darios Hosentasche verschwunden ist. Erst fluchen, dann lachen wir.

Damit hatten wir ja gerechnet. Es war auch nicht viel Geld drin. Und keine Dokumente.
Trotzdem ärgert Dario sich.

Kommentar Dario: Ich wollte wenigstens mitbekommen, wenn ich bestohlen werde!

Wir trösten uns mit leckeren Tacos und bewundern die aufwändig kostümierten Tänzer auf dem Platz vor der Kathedrale.

Dann verabschieden wir uns von unserer Busbekanntschaft, holen unsere Rucksäcke und ziehen in unser neues Hotel um.

Dieses ist zu unserer Überraschung gar nicht jenes, das wir eigentlich buchen wollten. Da haben wir uns wohl verklickt… Aber es liegt nah am Castillo de Chapultepec und das Zimmer ist schwer in Ordnung. Wie der Zufall doch manchmal spielt!

 

Das Castillo de Chapultepec
27.01.2018

Wir schlafen aus und dinieren dann im hoteleigenen Restaurant. Das Frühstück ist nämlich inklusive. Wer auch immer das „Foyer“ mit „Rezeption“ und „Restaurant“ geplant hat, dem wünsche ich mal einen längeren Aufenthalt in einer Tiefgarage. Denn all diese Funktionen befinden sich zwischen Parkplätzen im Erdgeschoss.

Geht man von der Rezeption über die Ausfahrt, so ist man schon im Restaurant.
Gut, für uns mag das noch in Ordnung sein, denn unser Aufenthalt beschränkt sich auf weniger als eine Stunde während des gesamten Aufenthaltes, doch ich möchte nicht in der Haut der Angestellten stecken.

Nach dem Frühstück spazieren wir Richtung Park. Unterwegs erstehen wir bei einem alten Herrn einen Orangensaft und lernen gleich mehrere neue Worte:

„Jugo de Naranja“ = Orangesaft (gesprochen „Hugo de Naranka“)
„Medio litre“ = halber Liter

Das werden ab jetzt sehr wichtige Worte für mich! Denn das Obst hier schmeckt fantastisch.

Im Park angekommen, gehen wir gleich ins Schloss Chapultepec. Chapultepec heißt übrigens Grashüpfer, obwohl es sich für uns überhaupt nicht danach anhört. Aber wir hätten ja auch nie gedacht, dass „La cucaracha“ (Titel des wohl bekanntesten mexikanischen Liedes) eigentlich „Die Kakerlake“ bedeutet.

Das Schloss ist schön und hat gleich zwei hübsche Gärten mit grandioser Sicht über die Stadt.

Eine permanente Ausstellung zeigt originale Einrichtungen aus der Zeit von Kaiser Maximilian um 1864.
Viel interessanter finden wir aber die Gemälde, die die Zeit der Kolonialisierung zeigen.

Beim Betrachten der Ausstellung frage ich mich, warum Gewalt für die Menschheit so essenziell ist. Da sind die Urvölker mit ihren grausamen Ritualen und Hinrichtungen. Dann kommen die Eroberer in ihren schicken Uniformen und Anzügen und wälzen alles um. Sie sind die „Bösen“, dargestellt mit arrogantem, höhnischem Grinsen. 

Ja und dann? Dann stecken plötzlich diese Menschen mit dem dunkleren Teint in den feinen Anzügen… Sind das die Nachfahren der indigenen Bevölkerung? Sie tragen nun oft ein ebenso grausam wirkendes Grinsen.

Geht es denn gar nicht ohne? Früher musste man sich natürlich gegen wilde Tiere verteidigen, doch heute sind wir hauptsächlich unsere eigenen Feinde. Mensch gegen Mensch gegen Mensch.

Aber warum nur? Wo immer wir hinkommen, sehen wir friedlich miteinander lebende Leute.
Wo immer wir hinkommen, sehen wir Träume und Menschen die sie leben.
Wo immer wir hinkommen, sehen wir Liebe und Glück.

Warum gibt es noch diese andere Seite?

Als in einer Stadt in Mexiko das Küssen in der Öffentlichkeit verboten werden sollte, erhoben sich die Menschen dagegen. Hier wird immer geküsst. Und überall gekuschelt.
Es gibt viel Hilfsbereitschaft und lächelnde Gesichter.

Das passt so gar nicht zu all der Armut auf den Straßen und noch weniger zu all den Horrorgeschichten von Mafia-Herrschaft und Gewalt.

Es wäre so schön, wenn alle Menschen einfach friedlich miteinander leben könnten.
Wir müssten doch eigentlich langsam so weit sein, dass das möglich ist.
Die Technik ist so weit und das Wissen so groß.

Und doch scheint alles den Bach hinunter zu gehen. Egal ob man das Weltgeschehen betrachtet oder nur kleine Ausschnitte. Alles ist so fragil.

Klavierklänge wabern in den Hof und als wir den Dachgarten betreten, zu dem sich die historischen Schlafzimmer öffnen, entdecken wir die dortige Piano-Aufführung.

„Ich glaube, ich möchte gerne die Ballettaufführung sehen“, sage ich zu Dario.
Da stand nämlich ein Schild am Eingang. „Ballet Folklorico“.

Er ist erst mal nicht so begeistert. Vor allem, weil Regen angesagt ist. Also einigen wir uns auf „vielleicht morgen“ (was meistens „nie“ bedeutet) und gehen nach einem fantastischen Essen ins Kino.

Wir haben nämlich herausgefunden, dass viele Filme auf Englisch mit spanischem Untertitel gezeigt werden. Allerdings treffen wir es mit „La Forma del Agua“ in dieser Hinsicht nicht optimal. Der Film ist zwar toll, doch die Hauptrolle ist stumm und die Gestensprache wird natürlich nur auf spanisch übersetzt. Hinzu kommt noch, dass eine andere wichtige Rolle ein russischer Spion ist. Auch Russisch wird selbstverständlich nur auf Spanisch übersetzt.

 

Der Templo Mayor
28.01.2018

Heute fahren wir tatsächlich nochmal in die Gegend unseres ersten Hostels. Denn wir wollen noch die Kathedrale von innen sehen und den Templo Mayor besichtigen.

Die Kathedrale ist nett, aber schnell abgehakt.

Der Templo Mayor hingegen nimmt mehr Zeit in Anspruch.
Dieser Tempel war der größte und wichtigste in Tenochtitlán, der Hauptstadt der Azteken.
Die Überreste der Tempelanlage selbst sind zwar nicht sehr groß, aber im Museum verbringen wir dann doch einige Zeit.

Tenochtitlán fiel am 13. August 1521, als die Azteken den Spaniern unterlagen.
Der größte Teil der Anlage ist zerstört.

Ein Ort blutiger Opfer und Auseinandersetzungen. Ob es den einen oder anderen gruselt, wenn er solche Stätten betritt? Die meisten haben dafür natürlich gar keine Zeit, denn alle Sinne müssen auf das Finden des richtig Winkels für den Selfie-Stick verwendet werden!

In dem dichten Gedränge, das dank Wochenende gerade herrscht, fällt es allerdings auch uns schwer, ein Gefühl für den Ort zu entwickeln. Meist sind alte Ruinen für uns Orte der Ruhe, doch das trifft hier nicht gerade zu.

Danach geht’s wieder in unseren Lieblingspark. Diesmal kaufen wir Erdnüsse und füttern die Eichhörnchen. Sie sind so süß!!! Wunderschön und sooo vorsichtig, wenn sie einem die Nüsse aus den Fingern nehmen.

Auch heute ist wieder Regen angesagt, „Aber ich möchte wirklich gerne das Ballett sehen!“.

Also kaufen wir Karten und gehen zur Vorstellung. Einer Empfehlung aus dem Internet folgend, sind wir über eine Stunde vor Vorstellungsbeginn da.

Diesmal dürfen wir jedoch nicht selbst zum Schloss hinauf laufen, sondern werden mit kleinen Bussen gefahren. Oben angekommen heißt es warten. Wir vertreiben uns die Zeit mit Tanzen. Das hält auch schön warm. Die Leute vor und hinter uns in der Schlange zeigen sich verständnisvoll und lassen uns genug Platz. Als es schließlich voran geht, hören wir auf, doch kurz darauf müssen wir schon wieder stehen bleiben.

Wir sind nur bis unter einen Bogengang gelassen worden, denn es fängt an zu regnen. Hier stehen wir geschützt, während die Veranstalter wohl noch entscheiden, ob heute überhaupt etwas auf der Bühne passieren wird.

Eine elegant gekleidete Dame aus der Gruppe hinter uns, spricht uns an.
Wir entschuldigen uns und erklären, dass wir kaum Spanisch verstehen. Immerhin das können schon. In diesem Fall ist es allerdings nicht das Ende des Gesprächs, denn sie wiederholt einfach auf Englisch, dass wir doch ruhig wieder tanzen sollen, es mache ihr solchen Spaß zuzuschauen.

Doch statt wieder zu tanzen werden wir schnell in ein Gespräch mit der ganzen Gruppe verwickelt. Sie sprechen alle perfektes Englisch, zwei von ihnen leben sogar in den USA. Diese beiden schauen beständig in den Regen, sie haben sich so auf die Vorführung gefreut.
Wir sind da weniger besorgt. Es kommt wie es kommt. Von der eleganten Dame bekommen wir etliche gute Tipps für Orte an die wir noch kommen werden und so vergeht die Zeit wie im Fluge.

Es hört auf zu regnen und wir nehmen unsere Plätze ein. Während wir noch nach guten Plätzen in der zweiten oder dritten Reihe Ausschau halten, füllen diese sich schon. Aber wir stehen genau vor der ersten Reihe. Kurzentschlossen nehmen wir einfach die Plätze genau in der Mitte der ersten Reihe. Man muss ja nicht immer anderen den Vortritt lassen.

Die Aufführung ist bombastisch. Schon ein paar Minuten nach Beginn flüstert Dario mir zu „Danke, das war eine super Idee“.

Anderthalb Stunden lang fliegen die Röcke, knallen die Sohlen und spielen die Musikanten. Die Truppe besteht aus mindestens dreißig Personen. Zwischen den einzelnen Stücken gestalten einige wenige die Übergänge, während die anderen sich umziehen, um uns mit immer neuen Kostümen und Tänzen zu begeistern.

Sogar im fliegenden Lasso wird noch getanzt. Die umgesetzten Geschichten erzählen von guten und von schweren Zeiten, von Liebe und von Krieg.

Ganz verzaubert machen wir uns auf den Heimweg.

 

Im Bus nach Guadalajara
29.01.2018

Wie schon beim Besuch der Pyramiden, fahren wir zum Busbahnhof „Autobuses del Norte“. Dort steigen wir in einen Bus, der uns direkt nach Guadalajara bringt, wo Daniela wohnt.

Daniela hat mit mir zusammen bei LAVA in Sydney gearbeitet.
Sie hat uns erst darauf gebracht, nach Mexiko zu fahren. Eigentlich wollten wir in die Karibik. Auf die Bahamas und nach Cuba. Aber sie hat uns überzeugt, dass Mexiko viel interessanter ist. Naja, außerdem waren die Flüge einfacher und preiswerter. Und jetzt besuchen wir sie also.

Im Gegensatz zu Thailand nehmen wir aber keinen Nachtbus, denn die sollen hier nicht ganz so sicher sein. Die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls ist größer und die Gefahr überfallen zu werden steigt auch. Das wollen wir doch beides lieber vermeiden.

So kommen wir abends an. Mit Uber fahren wir ins Hostel und gehen bald darauf auch schon schlafen. Morgen sind wir mit Daniela verabredet.


Mexiko mit einer Mexikanerin
30.01.2018

Daniela holt uns morgens am Hostel ab. Sie hat ein Auto, was ich gar nicht wusste. Das ist natürlich perfekt, um viel anzuschauen. So beginnen wir mit dem Stadtzentrum von Guadelajara.

Guadalajara ist übrigens die zweitgrößte Stadt Mexikos. Wir müssen zusehen, dass wir bald mal wieder in ländlichere Gefilde kommen.

Architektonisches Highlight ist für mich ein ehemaliges Waisenhaus, das Hospicio Cabañas. Die Kinder wohnen hier allerdings schon längst nicht mehr. Das Bauwerk hat eine lange Geschichte hinter sich. Es wurde sogar schon als Kaserne genutzt und vor seiner Zeit als Museum war es eine Art Schule.

Große Hallen und Patios mit Springbrunnen bilden die Gebäudestruktur. Heute hängen an den Wänden Gemälde, die in der größten Halle werden sogar von aufwändigen Malereien des berühmten einheimischen Künstlers José Clemente Orozco geziert. Diese sind zum Glück auch erst aus der Zeit nach den Kindern, denn ihre düsteren Themen fände ich in einem Waisenhaus eher kontraproduktiv.

 

Anschließend besichtigen wir die Kathedrale und bummeln zurück zum Auto. Dabei futtern wir Chips mit Chilisauce, frische Mangostückchen, Kokosnuss und Pizza in Waffelform. Straßenstände mit Leckereien gibt es nämlich mehr als genug.

Zurück am Auto müssen wir feststellen, dass unser Auto mittlerweile zugeparkt ist. Dabei parken wir doch auf einem kostenpflichtigen und gut bewachten Parkplatz! Fragend schauen wir Daniela an. „Ach, das ist ganz normal hier“.

Tatsächlich gibt jeder, der in der zweiten Reihe parken will, einfach seinen Schlüssel ab. So werden jetzt munter Autos umgeparkt, bis wir mit unserem raus kommen.
Dieses Land ist wirklich voller Widersprüche. Einerseits voller Vorsicht und Misstrauen, andererseits aber auch geprägt von Vertrauen.

Wir fahren nach Tlaquepaque, einem Ortsteil, der für seine Kunsthandwerker bekannt ist.
Hier bummeln wir durch die Gassen und können tatsächlich nicht widerstehen eine Kleinigkeit zu kaufen.

Wir kommen sogar an einer Pizzaria namens LAVA vorbei. Das weckt natürlich Erinnerungen an unsere gemeinsame Zeit in Sydney.

Zum Essen gehen wir in ein schönes Lokal mit einem Innenhof, in welchem ein Brunnen plätschert. Wir futtern uns quer durch die traditionelle Speisekarte. Danila bestellt.

Es gibt Nachos mit Guacamole, „Ertränktes Baguette“ (Baguette belegt mit Fleisch und mit Tomatensauce übergossen), Taco-Suppe (Tomatensuppe mit kleinen Tortilla-Stücken) und natürlich Tequila. Ich habe nicht damit gerechnet, dass der mir in irgend einer Weise schmecken würde, aber als Beigabe in einem großen Glas Mangosaft schmeckt er tatsächlich ausgezeichnet.

Und dann kommt sogar eine Gruppe Mariachis in Lokal. Das sind die traditionellen Musiker hier. Sie spielen und singen und reichen einen großen Sombrero herum, mit dem wir Fotos machen dürfen.

Vollgefuttert und zufrieden geht es weiter. Daniela fährt uns noch ein wenig in der Stadt herum und schließlich kaufen wir im „Red Pub“ Tickets für das Wrestling heute Abend.
Daniela erklärt uns, dass Wrestling eine sehr wichtige Angelegenheit hier in Mexiko ist. Sie selbst war allerdings auch erst einmal dort. Für ein Projekt an der Uni.

Wir trinken noch eine Kleinigkeit, dann bringt uns ein Bus zum Stadion.
Hier ist schon ordentlich was los. Wir suchen uns einen Platz auf den Plastikstühlen, die ersten Kämpfe laufen schon. Einige Reihen hinter uns ist ein Zaun, der die Plätze dahinter von den vorderen Reihen abtrennt.

Daniela erklärt uns, dass das die „billigen Plätze“ sind, wo die armen Leute sitzen. Das sind diejenigen, die hier für Stimmung sorgen. Nebst der Musik und den Trommeln.

Sie feuern mal die Kämpfer an, mal denken sie sich irgend welche Sprüche aus, die sie dann im Chor rufen. Meist beziehen diese sich auf die „Reichen“. Am liebsten auf welche mit Glatze. Aber auch mal auf eine junge Frau der vorderen Ränge, die mit einem Mann auf den hinteren Rängen spricht „Küssen, küssen, küssen, …“

Manches kann Daniela uns übersetzen, anderes versteht selbst sie nicht. Zuviel Slang. Wir lernen natürlich auch fluchen, was ich hier jetzt aber gar nicht zum Besten geben möchte, da dieser Blog dann nicht mehr jugendfrei wäre.

Ich muss allerdings dazu sagen, dass bei diesem ganzen „Gehänsel“ keinerlei Aggressivität in der Luft liegt. Es ist eher ein freundschaftliches Geplänkel zwischen den zwei Bereichen.

Nach einer Weile beginnen wir bei den Kämpfen ein wenig durchzublicken. Es treten meist Gruppen gegeneinander an. Drei gegen drei. Männer gegen Männer oder Frauen gegen Frauen. Die Kämpfe zweier Gruppen gehen immer drei Runden lang. Was wir allerdings nicht verstehen ist, wann einzelne Kämpfer der Gruppen gegeneinander antreten und wann einfach alle auf einmal draufhauen. Jedenfalls ist das ganze eine einzige große Show.

Die Kämpfer fliegen durch die Gegend, springen Saltos oder hüpfen vom obersten Seil der Ringabsperrung auf ihren Gegner drauf, klammern sich mit den Beinen um seinen Hals und reißen ihn so zu Boden.

Jedes Mal, wenn neue Gruppen die Manege betreten, wird daraus ein Event gemacht. Auf einem Laufsteg schreiten sie zum Ring.

Besonders gut gefallen uns die akrobatischen Gruppen. Weniger gut gefallen uns die Gruppen, die den Kampf aus dem Ring heraus und in den Bereich vor der ersten Sitzreihe verlegen. Durchaus mal, indem sie sich vom Ring hinab auf ihre Gegner außerhalb werden.

Eine Zuschauerin wird dabei sogar verletzt, andere fliehen schnell in die hinteren Reihen. Ein andermal wird jemandem ein Becher aus der Hand geschlagen und sein Inhalt verteilt sich auf etliche Leute. Das Publikum quittiert derartige Ausschreitungen schließlich mit dem Werfen von Pappbechern. Was vom Sicherheitspersonal wiederum mit Verwarnungen beantwortet wird.

Was für eine Gaudi.

Als der Abend zur Neige geht, rufen die hinteren Reihen so was wie „Ihr müsst jetzt gehen, sonst verpasst ihr den Bus!“ und einige aus den vorderen Rängen rufen zurück „Wenigstens müssen wir nicht laufen“, oder so ähnlich.

Wir nehmen den Bus zurück und gehen mit Daniela noch Tacos essen. Endlich verstehen wir mal die Speisekarte und lernen, dass es solche Beläge wie „Hirn“ und „Innereien“ gibt. Au weih. Das haben wir bestimmt schon gegessen ohne es zu merken!

Daniela setzt uns wieder am Hostel ab und wir machen aus, dass wir nochmal zusammen Essen gehen, bevor wir weiterreisen. Wir brauchen eh noch etwas Zeit, um zu recherchieren und herauszufinden, wo wir eigentlich als nächstes hinwollen.

Erkältung und Kino
31.01.2018

Ich wache auf und bin erkältet. Typisch. Bei -20 Grad in Kanada war alles okay und hier jetzt so was. Es sollte eigentlich viel wärmer sein!

Wir müssen die Unterkunft wechseln, weil unser Zimmer leider schon gebucht ist und wir nur für zwei Nächte reserviert hatten. Aber das ist vielleicht ganz gut, denn ich vermute, dass ein Luftzug im Zimmer für meine Erkältung verantwortlich ist.

Wir verbringen den Tag sehr gemütlich und recherchieren ein wenig. Am Abend gehen wir ins Kino. „The Greatest Showman“ zieht uns in seinen Bann und sorgt für Begeisterung. Es ist schön, in Ländern unterwegs zu sein, wo im Kino noch geklatscht wird.

 

Tag im Bett
01.02.2018

Tja, man fühlt sich auch mal kacke auf Reisen. So bleibe ich heute einfach im Bett und überlasse Dario die Recherche. Allerdings verliert er bei einem Absturz des Programms etliche markierte Orte wieder, was für Frust und eine weitere Verlängerung unseres Aufenthaltes in Guadalajara sorgt.

Abends holt Daniela uns wieder ab und wir gehen zusammen essen und anschließend in eine Bar. Obwohl ich eigentlich total fertig bin genießen wir dieses gemütliche Beisammensein sehr.
Daniela erklärt uns auch immer wieder neue Dinge, die wir noch nicht wissen. Wie man etwas richtig ausspricht. Wie man sich verhält. Wie viel Trinkgeld man gibt.

In der Bar kennt sie die Leute und wir werden nett begrüßt. Mit einem Eierlikör der aufs Haus geht. Für die deutschen Freunde, die wirklich nach Mexiko gekommen sind.

Tja, und dann heißt es schweren Herzens Abschied nehmen.
Morgen fährt Daniela zu ihren Eltern, wir werden sie also nicht nochmal sehen. Zumindest nicht hier in Mexiko. Obwohl sie am liebsten mit uns reisen würde, aber das geht im letzten Semester des Studiums eben nicht.

Trotz Erkältung geht eine Verabschiedung in Mexiko nicht ohne Umarmung und Küsschen.
Wir winken dem Auto hinterher, bis es hinter einer Kurve veschwindet.

 

Neue Schuhe
02.02.2018

Dario wiederholt seine Recherchearbeit, bis wir schließlich wissen, wie es weitergeht. Dann googeln wir nach Outdoor-Läden und finden tatsächlich einen. Dario hat ja leider einen seiner Wanderschuhe in Australien verloren. Und seine Sportschuhe, die er schon zuhause mehrere Jahre getragen hat, sind langsam wirklich durch. Da bröckelt schon die Sohle ab.

Heute ist also der große Tag, an dem diese treuen Gefährten schweren Herzens in die nächste Mülltonnen wandern und gegen neue ausgetauscht werden. Es ist schon seltsam, dass man sogar eine Beziehung zu solchen Dingen aufbaut…

In Mexiko könnte es ja sogar sein, dass ihre Nutzphase noch nicht zu ende ist. Wer weiß schon, ob sie nicht an den Füßen eines Bettlers enden? Wäre nett. Wobei auch der vermutlich nicht mehr sehr lange etwas von ihnen hätte. Selbst die Zehen schauen seit ein paar Tagen schon raus.

Wieder ziehen wir in ein anderes Hostel um. Diesmal haben wir uns für ein ganz billiges entschieden und Dario wertet es als eines der schlechtesten unserer Reise. Keine Fenster, Schimmelgeruch und ein Bad, in dem wir uns beide nicht nach duschen fühlen.

Andererseits liegt es nicht schlecht. Gleich nebenan ist ein großer Platz mit Kirche und Restaurants.

Wir gehen ins Kino. In den neuen Jumanji. Erst als wir die Tickets schon gekauft haben, bemerken wir dass der Film auf Spanisch ist. Wir beschließen ihn trotzdem anzuschauen.

Es stellt sich heraus, dass wir erstaunlich viel auch mit unseren begrenzten Sprachkenntnissen verstehen. Beziehungsweise erahnen. Nur einige Witze erschließen sich uns nicht. Aber das lässt sich ja bei Gelegenheit nachholen. Wir können den Film ja nochmal schauen.

Eine kurze Zeit lang machen wir uns einen Spaß und versuchen zu übersetzen. Dabei sind wir uns allerdings so uneinig, was die exakte Bedeutung angeht, dass wir bald wieder aufhören.

 

Endlich weiter – in eine traumhafte Stadt
03.02.2018

Ich bin immer noch total Erkältet, aber wir wollen endlich weiter.

Wir haben uns entschieden, nach San Miguel de Allende zu fahren. Die Stadt hat uns Daniela empfohlen und sie sieht wirklich sehr schön aus, auf den Bildern.

Wir sitzen wir im Busterminal. Der Bus ist schon bezahlt.
Ein Hotel sollte schnell gefunden sein.
Doch Fehlanzeige.

Fast alle Unterkünfte, die über das Internet verfügbar sind, sind bereits ausgebucht.
Normalerweise würden wir jetzt einfach vor Ort suchen gehen, aber weil es mir immer noch so schlecht geht beißen wir in den sauren Apfel und buchen eine für unsere Verhältnisse viel zu luxuriöse Unterkunft. Naja, vielleicht auch mal ganz schön.

In San Miguel de Allende angekommen müssen wir ein Taxi nehmen. Es geht durch enge Gassen mit Kopfsteinpflastern. Die Häuser sind alle sehr hübsch. Wir fühlen uns sofort wohl.
Auch ist unser Taxifahrer sehr nett und versucht uns einige Tipps zu geben, was wir hier alles machen können. Einiges verstehen wir sogar. Blumenmarkt, Kirche, Botanischer Garten.

Und in der Tat wohnen wir diese Nacht sehr angenehm. Für morgen suchen wir uns allerdings ein AirBnB raus, das nur ein Drittel kostet.

 

Bummeltag
04.02.2018

Nach dem Frühstück schlendern wir Richtung Altstadt.

Dabei kommen wir über den riesigen Blumenmarkt, von dem uns unser Taxifahrer gestern Abend schon erzählt hat. Hier werden jede Menge Kakteen und wunderschöne Blumen angeboten. Zu schade, dass wir davon nicht mitnehmen können.

An einer traumhaft schönen Kirche futtern wir Tacos und machen es uns in der Sonne gemütlich. Endlich ist es schön warm. Ich zeichne, Dario döst.

 

Schnell wird klar, warum die meisten Unterkünfte ausgebucht sind, denn die Stadt wimmelt von Touristen. Das ist allerdings wirklich verständlich. Verträumt bummeln wir durch die Gassen und sind immer wieder entzückt. Von irgendeiner Gasse. Von Bäumen die aus Mauern wachsen. Von Lampions im Wind.

Ein nettes Lokal mit gutem Essen rundet den gemütlichen Tag ab.

Nun folgt der weniger gemütliche Teil. Wir holen unsere Rucksäcke vom Hotel und wandern zu unserem AirBnB. Problematisch ist, dass die Adresse nicht ganz eindeutig ist, wodurch wir eine ganze Weile herumirren.

Dann stellt sich auch noch heraus, dass der Link nicht funktioniert, der die Anleitung zum Einchecken enthalten sollte. So dauert es schließlich über eine Stunde, bis wir tatsächlich im Haus sind. Erschöpft möchte ich den Jakuzzi in unserem Bad einweihen, stelle aber fest, dass er unseren Sauberkeitsansprüchen nicht gerecht wird. Ich will ihn aber benutzen! Also wird geputzt. Als ich fertig bin, wird das Wasser kalt. Na toll. Für einen Probelauf reicht es aber. Dieser befördert einen Haufen grünes Zeugs aus den Leitungen. Pfui.
Heute wird das jedenfalls nichts mehr.

 

Botanischer Garten mit Canyon
05.02.2018

Dario beginnt den Tag mit einem weiteren Probelauf des Jakuzzi. Das sieht jetzt schon viel besser aus. Heute Abend können wir ihn benutzen.

Weil die Stadt so schön ist, spazieren wir zum Botanischen Garten, der auf einem Hügel liegt.

Der Garten ist sehr groß und bietet eine große Vielfalt an Kakteen. Besonders schön sind die Blicke in einen kleinen Canyon.

Zurück nehmen wir ein Taxi und bekommen zum ersten Mal wirklich zu viel abgeknöpft. Und das nach so langer Zeit Reise. Tja, jetzt ist uns das auch mal passiert. Unter den umgerechnet fünf Euro leiden wir zum Glück nicht. Soll sich der Taxifahrer eben freuen.

Trotzdem nehmen wir uns fest vor, dass uns das nicht nochmal passiert. Je mehr dumme Touristen so mit sich umgehen lassen, desto unverschämter werden die Taxifahrer.
Wir geben ja gerne mal ein Trinkgeld, wenn jemand besonders nett war. Aber das ist wieder etwas ganz anderes, als über den Tisch gezogen zu werden.