Salkantay Tag 0 – von Cusco nach Mollepata
17.05.2018
Einen großen Teil unseres Gepäcks lassen wir bei Kettlin und Eduardo. Wir haben schon ausgemacht, dass sie uns an den Tagen nach dem Trek wieder bei sich aufnehmen.
Dann geht es los.
Da es schon Mittag ist werden wir es heute nur bis zum Dorf Mollepata schaffen, dass den ersten Startpunkt für den Salkantay bildet. Um am selben Tag die Wanderung beginnen zu können, hätten wir laut Kettlin um 3:00 Uhr nachts los gemusst. Und das liegt uns bekanntlich nicht sonderlich.
Eigentlich sollte der Colectivo bis Mollepata fahren, aber als in einem Dorf alle bis auf uns aussteigen, will er wohl lieber umkehren. Wobei wir uns über die genauen Umstände nicht recht klar werden, denn er versucht nicht mal, es uns zu erklären. Stattdessen deutet er nur auf einen Mann und macht uns klar, dass wir mit diesem weiterfahren sollen. Jeder der beiden erhält nun die Hälfte des Gesamtfahrtpreises, für uns macht es preislich also keinen Unterschied.
Unser neuer Fahrer scheint recht nett zu sein und will natürlich wissen, wie unsere Pläne aussehen.
Als wir ihm erzählen, dass wir morgen den Trek beginnen wollen, bietet er uns an, gegen ein Trinkgeld bei ihm zu zelten.
Als wir schließlich im Dorf ankommen, beginnt es schon zu dämmern und wir sind heilfroh, dass wir nicht noch einen Platz zum Zelten suchen müssen.
Plötzlich beginnt unser Fahrer mit einer Hand zu wedeln und will uns irgendetwas verständlich machen. Wir stehen total auf dem Schlauch, denn wir verstehen nur „billete“, also Ticket.
Wir nicken erst mal, denn ja, wir wissen, dass der Eintritt zum Salkantay 10 Soles kostet.
Doch dann kapieren wir, dass wir uns ducken sollen, um dieser Gebühr zu entgehen. Wir sind so erstaunt, dass wir einfach gehorchen. Erst anschließend denken wir, was für ein Quatsch das war. 2,50 Euro zum Erhalt des Nationalparks beizutragen ist schließlich echt keine Katastrophe.
Die Idee hinter dieser Aktion wird uns bald darauf auch klar. Wenn jemand einem 10 Soles pro Person erspart hat, wie viel Trinkgeld gibt man ihm dann wohl fürs Zelten?
Salkantay Tag 1 – Mollepata nach Soraypampa
18.05.2018
Gegen 7:00 Uhr fährt unser Gastgeber mit seinem Pick-up nach Soraypampa.
Er hat uns seine großen Waschmaschinen gezeigt und erklärt, dass er für ein Hotel in Soraypampa wäscht. Während er diese ohnehin notwendige Fahrt macht, verdient er dazu, indem er Colectivo spielt.
Wagen und Ladefläche sind schon dicht mit Menschen besetzt, als wir das Haus verlassen, um einzusteigen. Aufsteigen trifft es dann jedoch besser, denn wir können uns nur noch auf die Ladefläche zwängen. Normalerweise lieben wir es, auf Ladeflächen mitzufahren, doch es ist so eng, dass die Fahrt dann wenig vergnüglich ist.
Wir steigen unterwegs an einem der Startpunkte des Salkantay aus. Ganz von Mollepata aus wollten wir nicht laufen, denn wir möchten es heute gemütlich angehen lassen. Lieber wollen wir am Nachmittag noch zu einer Lagune wandern.
Diesmal wird unser netter Gastgeber aber recht dreist und knöpft uns 20 Soles pro Person ab. Ich verfluche mich kurz, weil ich am Vorabend nicht auf eine Antwort bezüglich des Preises gepocht habe. Da schien er meine Frage nicht gehört zu haben, doch nun bin ich mir recht sicher, dass er sie ignoriert hat.
Kurz schimpfen wir dem Wagen hinterher, dann rechnen wir den Verlust aus. Wir haben vermutlich das doppelte vom normalen Preis bezahlt (wie uns später von einer Einheimischen bestätigt wird), also gemeinsam 5 Euro zu viel.
Es lohnt das Aufregen nicht.
Wieder einmal kommen uns die Worte des buddhistischen Mönches in den Kopf, der uns in Thailand in die Meditation eingeführt hat: „Wenn du etwas verlierst, dann verliere nicht auch noch deine Gelassenheit, denn sonst sind es ja bereits zwei Dinge, die dir abhanden gekommen sind.“
Also richten wir unsere Blicke auf die Schönheit der Natur um uns herum und beginnen die Wanderung. In der Ferne locken bereits die weißen Gipfel.
Niemand begegnet uns auf dem Weg nach Soraypampa, wir haben die ganze Pracht für uns alleine.
Der Weg führt die meiste Zeit an einer Wasserrinne entlang und wann immer er abzweigt, balancieren wir einfach weiter auf der Betoneinfassung entlang.
Als wir das Dorf schließlich erreichen, präsentiert es sich als Touristenort. Eine ganze Reihe Busse steht da und auf den Feldern grasen Reitpferde.
Es gibt ein Hotel, ein Hostel, mehrere Unterkünfte mit Schlafkuppeln und mindestens zwei Zeltplätze.
Wir nehmen einfach den ersten und bauen gleich das Zelt auf.
Erst später finden wir den zweiten Zeltplatz mit überdachten Zeltplätzen.
Dann wandern wir zur Lagune, vermeiden dabei jedoch den einfachsten Weg, da dort zu viele Touristen unterwegs sind.
Der Pfad durch die Wiesen stellt sich zudem als ausgesprochen schön heraus.
Die einzigen, die wir unterwegs treffen, sind drei Kanadier, die tatsächlich ihre schweren Rucksäcke dabeihaben. Sie wollen an der Lagune zelten.
Als wir schließlich oben ankommen, scheint gerade Mittagsessensflaute zu sein. Außer uns sind nur fünf andere Menschen da. Und ein Mann, der aufpasst, dass alle Verbote eingehalten werden. Diese sind auf einem großen Schild zu lesen und beinhalten unter anderem: Kein Schwimmen, kein Picknicken und kein Campen.
Die armen Kanadier mit ihrem schweren Gepäck.
Wir beschränken uns also darauf, ein paar Müsliriegel zu knabbern, und reden uns ein, dass wir uns ohne das Badeverbot sicher ins eiskalte Wasser gewagt hätten.
Wir genießen die Stille, die Sonne, das Wasser und den Schnee.
Erst als nach und nach wieder mehr Gruppen auftauchen, machen wir uns an den Abstieg. Wieder auf einem anderen Weg, der sich als noch schöner als der Aufstieg herausstellt.
Als wir am Mittag Wasser vom größten der kleinen Shops im Ort gekauft haben, hat uns die Besitzerin gesagt, dass sie auch kocht. Daher gehen wir zu ihr und fragen, wie es denn nun mit Abendessen aussieht.
Sie bittet uns, in einem überdachten Raum in der Nähe zu warten, wo die Touristengruppen essen. Diese werden jedoch von ihren eigenen Köchen bekocht.
Erst sind wir verwirrt, doch dann holt uns die Frau wieder ab und geleitet uns in ihr kleines Wohnzimmer, in dem es nur einen einzigen Tisch und zwei Stühle gibt. Vermutlich waren bis gerade eben noch andere Gäste da.
Kurz darauf bekommen wir eine wunderbare Suppe und anschließend je einen Teller mit Reis und Hühnchen, der so voll ist, dass wir kaum alles schaffen.
Proppenvoll und zufrieden spazieren wir zurück zum Zelt. Da es nicht stockfinster ist, lassen wir die Stirnlampen aus und erfreuen uns am Sternenhimmel. Irgendwo auf halber Strecke kommt uns dann jedoch etwas komisch vor … – und ich mache meine Lampe an.
Wir sind auf dem steinigen Weg einmal falsch abgebogen, und statt der erwarteten Brücke stehen wir nun knapp vor einem Abhang! Gerade nochmal Glück gehabt!
Die Nacht im Zelt wird kühl, aber nicht kalt. Die zusätzliche Decke hält uns wunderbar warm, und die dicken Jacken tun das Übrige.
Salkantay Tag 2 – Soraypampa bis Huairaspampa
19.05.2018
Als wir etwas nach fünf Uhr morgens aufwachen, stehen wir gleich auf und hoffen, noch vor den Touristengruppen loszukommen. Mit klamm werdenden Händen packen wir das Zelt zusammen, von dessen Überzelt wir eine dünnen Eisschicht abschütteln müssen.
Wir befinden uns auf 3.800 Metern Höhe, das Thermometer zeigt -5°C Außentemperatur.
Unser gutes Vorhaben gelingt leider nicht, denn als wir um kurz nach sechs Uhr losmarschieren, sind die Gruppen zum großen Teil auch schon auf den Beinen.
In einem nicht enden wollenden Strom aus Touristen ersteigen wir die erste Anhöhe. Als die Sonne herauskommt, machen wir gleich mal Pause und frühstücken. Sollen die Gruppen doch alle an uns vorbeiziehen …
Doch auch dieser Plan geht nicht auf, denn als wir mit dem Frühstück fertig sind, ist der Strom von Wandergruppen mit leichtem Tagesgepäck noch immer nicht ganz versiegt.
Ab und zu entdecken wir darunter auch Backpacker, aber zwischen all den Touren machen sie sich eher rar.
Wir machen uns wieder auf deie Beine und erklimmen den Berg weiter Richtung Pass. Da wir mittlerweile auf über 4.000 Metern sind, ist das leichter gesagt als getan. Zwar haben wir kein Kopfweh, denn immerhin sind wir schon seit Wochen auf über 2.000 Metern (Arequipa 2.300m, Titicacasee 3.800m, Cusco 3.400m) und damit gut akklimatisiert, aber wir werden schnell kurzatmig und müssen viele Pausen einlegen.
In einer der geführten Gruppen hinter uns klappt eine Frau zusammen. Tja, wenig Gepäck hin oder her, mit der Höhe ist nicht zu spaßen. Aber daher haben die Touren auch meist ein Pferd dabei, auf welches erschöpfte Teilnehmer gesetzt werden können. Entsprechend wird auch mit der Frau verfahren, sobald sie dazu in der Lage ist.
Wir schauen uns an und sind froh, dass es uns trotz unsren Rucksäcken gut geht. So schwer wie bei unserer ersten Tagestour im Colca Canyon sind diese nun auch nicht mehr, denn wir haben aus unserem Fehler gelernt und massiv aussortiert.
Drei andere Backpacker kommen in Sicht, die genauso schnaufen wie wir. Sehr tröstlich. Immer wieder ziehen wir oder sie vorbei, nur um dann wieder bei der nächsten Verschnaufpause erneut überholt zu werden.
Gegen Mittag erreichen wir endlich den Pass auf 4.630 Metern.
Die umliegenden Berge sind in dichten Nebel gehüllt, und als wir uns an den Abstieg machen, beginnt es zu nieseln. Die Regencapes schleppen wir also nicht umsonst mit. Geradezu beruhigend, denn sie sind ziemlich schwer.
Bergab sind wir schneller, aber als wir Huairaspampa erreichen, beschließen wir, zu bleiben.
Insbesondere, weil die Besitzerin des Zeltplatzes uns versichert, dass am Morgen die Sonne scheinen wird.
Wir bauen unser Zelt in einem der großen Zelte auf, in denen tagsüber die Gruppen mit ihren Guides dinieren. Und finden es sehr angenehm, trotz Nieselregen nicht herausfinden zu müssen, wie dicht unser Billigzeltlein ist…
Kurz nach uns treffen zwei von den Kanadiern ein, die wir am Vortag an der Lagune getroffen haben, und ein Österreicher. Der dritte Kanadier ist krank geworden. Armer Kerl. Aber immerhin konnten die drei tatsächlich die Nacht an der Lagune verbringen. Als der Aufpasser sah, wie schlecht es ihrem Kameraden ging, ließ er sie gewähren.
Allerdings sei es verdammt kalt gewesen, sagen sie.
Wir essen alle gemeinsam zu Abend und tauschen Geschichten aus. Die Kanadier gehören alle zum selben Studiengang. Nach ihrer Ankunft in Peru haben sie zuerst Wasserproben untersucht, und jetzt haben sie etwas Zeit, um zu reisen.
Der Österreicher ist begeisterter Wanderer und Bergsteiger. Er scheint sich mit allem rund ums Thema Bergsteigen auszukennen und hat sogar mal in Erwägung gezogen, den Mount Everest zu besteigen.
Aber der sei mittlerweile auch viel zu touristisch, erklärt er uns. Und 50.000 $ seien es ihm nun wirklich nicht wert, um dann in einer Reihe mit anderen Touristen zu wandern. (50.000 … ! Ich habe nachgeschaut, und es stimmt. Je nach Anspruch zahlt man etwas weniger oder auch einiges mehr).
Es gebe sogar Chinesen, die zwei Guides nehmen: Einer zieht, der andere schiebt. An das Gipfelfoto könnten sich viele der reichen Herren letztendlich und trotz Sauerstoffmaske dann jedoch nicht erinnern …
Zu unserem Glück gibt es neben guten Geschichten auch noch heißen Tee, denn die anderen haben Gaskocher dabei und mehr Gasvorrat als nötig, weshalb sie uns gerne mitversorgen.
Salkantay Tag 3 – Huairaspampa bis kurz vor Playa
20.05.2018
Als wir morgens aus dem Zelt treten, erwarten uns strahlender Sonnenschein und der Blick auf die umliegenden schneebedeckten Gipfel.
Es ist unglaublich schön (kann mir bitte mal jemand ein paar neue Umschreibungen für „schön“, „wundervoll“, „traumhaft“ und „zauberhaft“ zukommen lassen? In den letzten Jahren wiederhole ich mich ständig …).
Als uns der Österreicher zum Frühstück erneut mit heißem Tee versorgt, ist der Morgen perfekt.
Glücklich wandern wir los und hüpfen über leicht vereiste Pfützen. Dario macht sich manchmal nicht die Mühe und stapft einfach hindurch. Seit er neue Wanderschuhe hat, ist das kein Problem mehr. Ich hingegen vermeide tunlichst jeden Kontakt mit Wasser, denn meine Sohle löst sich bereits an zwei Stellen und hält vermutlich nur noch dank meiner UHU-Behandlung.
Besonders an den Stellen, wo kleine Bäche einfach quer über den Weg fließen, muss ich immer wieder akrobatisch über Steine tanzen, um nasse Füße zu vermeiden.
Während wir immer weiter absteigen, verändert sich spürbar das Klima. Es wird wärmer und die Pflanzen sind dichter und grüner.
Da die geführten Gruppen immer in Chaullay oder Collpapampa übernachten, sind sie uns 9km voraus und die, die heute erste in Soraypampa starten, sind natürlich noch weit hinter uns. So sind wir vollkommen alleine unterwegs, was wir immer wieder zu schätzen wissen. Nur ab und zu kommen uns einige Esel entgegen.
Noch vor dem Mittag erreichen wir Chaullay. In einem kleinen Lokal bestellen wir Mittagessen. Es gibt Reis mit Ei.
Besonders gut ist, dass wir unsere Wäsche zum Trocknen aufhängen können. Wir haben die letzten beiden Tage immer gleich abends die Wäsche vom Tag gewaschen, aber bisher ist noch kein einziges Kleidungsstück komplett getrocknet. Jetzt, in der Sonne, haben sie endlich eine Chance.
Als nach gut einer Stunde wenigstens die Unterhosen und ein paar der Socken trocken sind, packen wir wieder zusammen und ziehen weiter.
Hinter dem Dorf sind wir kurz auf einer Straße unterwegs, bis wir eine Stelle erreichen, an der wieder ein Fußweg abgeht. Wie wir dank anderen Bloggern wissen, ist dieser Teil des Weges seit knapp einem Monat wieder begehbar. Zuvor war er seit der Regenzeit wegen Erdrutschen gesperrt.
Hier müssten auch irgendwo die Pools sein, von denen jemand berichtet hat …
Tatsächlich befinden sie sich gleich unten am Fluss, doch auch sie sind in Mitleidenschaft gezogen worden und statt Wasser nur noch mit Erde gefüllt. Schade. Aber da wir ohnehin gerade erst ein Pause geamcht haben und auch keines Bades bedürfen (bisher gab es an jedem Campingplatz eine Dusche!), ist es zumindest für uns jetzt nicht weiter enttäuschend.
Das heutige Ziel liegt tiefer als unser jetziger Standpunkt, trotzdem müssen wir immer wieder kleine Passagen hochsteigen. Das ist der Preis für den schönen Fußweg; die Straße auf der anderen Seite des Flusses führt die allermeiste Zeit kontinuierlich bergab.
Aber es lohnt sich, denn der Weg geht richtig schön durchs Grüne. Sogar an einem kleinen Wasserfall kommen wir vorbei.
Spannend wird es an den Erdrutschen, wo die neu angelegten Pfade oft kaum mehr als 40cm breit sind. Vor allem, wenn es dann mal kurz richtig steil wird. Bloß nicht abrutschen!
Als wir eine Gruppe überholen, die allesamt nur winzige Tagesrucksäcke dabeihaben, geben wir uns high five.
Ab und an kommen wir an einem Häuschen mit Shop und Garten vorbei, doch niemand ist dort. Vermutlich, weil der Großteil der Touristen zu einer anderen Tageszeit hier unterwegs ist.
Die einzige Anbindung dieser Häuschen an die Straße erfolgt über Seilbahnen, die über den Fluss gespannt sind. Sie bestehen aus einem Stahlseil, an dem eine kleine Platform hängt, und einem Seil, an dem man diese heranziehen und sich dann über den Fluss ziehen kann.
Auf maps.me ist kurz vor Playa eine Unterkunft eingezeichnet. Vielleicht kriegen wir da eine warme Dusche? Doch als wir ankommen, ist alles etwas anders als erwartet. Da ist eine große Mauer, die das „Hostel“ vom Weg abschirmt. Die Mauer ist aber eigentümlich lang, und dahinter verbirgt sich ein großes Gelände mit Gebäuden und zwei Pools. Diese sind zwar gefüllt und wir sehen sogar, dass Pumpen arbeiten, aber der Ort ist vollkommen menschenleer.
Links vom Weg hingegen gibt es einen kleinen Shop und eine überdachte Terrasse auf Stelzen. Vor dem Shop sitzen zwei Frauen und wir fragen, wo wir hier übernachten oder zelten können.
Natürlich können wir bei ihnen zelten. Entweder auf einer kleinen Wiese oder auf der Terrasse. Als Preis nennen sie nur, dass wir etwas im Shop kaufen sollen. Das hätten wir eh gemacht.
Während wir uns auf der Terrasse mit Blick über die Mauer und auf den Fluss niederlassen und das Zelt aufbauen, bringen uns die Frauen sogar einen Tisch und Hocker herauf, sodass wir geradezu stilvoll dinieren können.
Einziges Manko: Es gibt gar keine Dusche, sondern nur einen Brunnen mit eiskaltem Bergwasser. Das kostet ganz schön Überwindung…
Als ich in der Nacht aufs Klo muss, ist es stockfinster und nieselt. Während ich noch zur Stirnlampe greife, mache ich schon den ersten Schritt … – und habe die Lage einer Lücke zwischen den Brettern offensichtlich falsch in Erinnerung. Ehe ich noch recht begreife, wie mir geschieht, liege ich auf dem Boden, das rechte Bein bis zum Knie zwischen zwei Brettern im Boden versunken.
„Autsch“ fluche ich, bin jedoch im selben Moment schon dankbar, dass nichts schlimmeres passiert ist. Mit beiden Händen ziehe ich das Bein wieder heraus und begutachte die oberflächliche Schürfwunde. Zum Glück keine Verletzung am Fuß, dass wäre unangenehm geworden.
Noch immer über meine Unvorsichtigkeit schimpfend, gehe ich hinunter und wasche unterwegs zum Klo am Brunnen die Wunde aus.
Danach räume ich unsere Schuhe und Rucksäcke näher ans Zelt und decke sie mit den Regencapes ab, denn das Dach ist nicht ganz dicht und der Wind weht noch zusätzlich Regen von der Seite herein.
Dann krabble ich endlich wieder ins Zelt und desinfiziere die Wunde noch zusätzlich. Dabei lächle ich über Dario. Er ist nicht mal aufgewacht.
Salkantay Tag 4 (Umweg) – von Playa nach Santa Teresa
21.05.2018
Am Morgen ziehen wir nicht gleich los, sondern frühstücken auf der Terrasse, während das Zelt übers Geländer gehängt trocknet.
Heute werden wir vom eigentlichen Salkantay Trek abweichen, denn wir wollen Kettlins Empfehlung folgen und die heißen Quellen in Santa Teresa besuchen.
Hinter Playa wird der Weg breiter und ist sehr bequem zu gehen. Wir sehen viele hübsche Blumen, und wir fangen an, sie zu fotografieren. Unversehens wird das zu unserer heutigen Beschäftigung, denn während wir weiter absteigen verändert sich die Flora beständig, und immer mehr neue Blumenarten tauchen auf …
Irgendwann kommen Schmetterlinge hinzu. Am meisten begeistern mich die großen blauen, aber auch die vielen kleineren sind wunderschön. Einfach zauberhaft.
Die Bauern hier leben inmitten von einem Dickicht aus Kaffee, Avocados, Orangen und Bananen. Das nenne ich mal Mischkultur. So dicht wie alles miteinander verwachsen ist, kann hier ausschließlich von Hand geerntet werden. Auch Kakao ist dabei – ein Highlight, denn den haben wir bisher noch nirgends gesehen (außer in Fernsehsendungen natürlich).
In Santa Teresa angekommen, gehen wir erst mal essen. Wir sind die einzigen Gäste in einem Lokal, dass eindeutig für Gruppen angelegt ist und locker 100 Personen fassen kann.
Im Ort kaufen wir Obst und Haferflocken, dann wandern wir weiter zu den heißen Quellen. Theoretisch könnten wir auch ein Motortaxi nehmen, denn die gibt es hier … Aber sind wir nicht auf einer Wanderung?
Als die heißen Quellen in Sicht kommen, fragen wir uns, wann Kettlin wohl das letzte Mal hier war. Sie hatte – unsre Vorlieben richtig einschätzend – gesagt, es sei „nicht touristisch“. Doch bereits der Parkplatz ist voller weißer Vans, und als wir einen Blick in die Anlage werfen, schätzen wir Zahl der Besucher auf über 100.
Da es schon dunkel wird, bauen wir unser Zelt auf und gehen dann trotz der vielen Menschen baden. Die Anlage ist wirklich gelunegn, das lässt sich nicht bestreiten. Alles ist aus Naturstein, und besonders gut gefallen uns die Duschen, die sich aus einem Bach speisen und in einem natürlichen Wasserfall fortsetzen.
Salkantay Tag 5 – von Santa Teresa nach Hidroelectrica (bzw. kurz dahinter)
22.05.2018
Wir hatten ursprünglich geplant, einen ganzen Tag an den heißen Quellen zu bleiben, aber dafür ist uns der Ort dann einfach doch zu überlaufen. Jetzt am Morgen ist es natürlich wesentlich leerer, also genießen wir das warme Wasser nochmal ausgiebig, bevor wir weiterziehen.
Da uns maps.me auf der ganzen Strecke bisher gute Dienste geleistet hat, folgen wir einem verzeichneten Fußpfad ins Flusstal. Allerdings stellt sich schnell heraus, dass es die Brücke nicht mehr gibt. Egal. Wir laufen einfach mal am Fluss entlang, optimistisch, dass es irgendwo schon eine Überquerungsmöglichkeit geben wird. Auf der anderen Seite sind schließlich Häuser.
Über einen Seitenarm des Flusses führt eine Hängebrücke.
Der Weg ist ordentlich angelegt, zwischen den Steinen wachsen hohe Gräser.
Als wir uns langsam zu fragen beginnen, ob wir den Fluss wirklich werden überqueren können, oder ob wir letztendlich oben auf der Straße weiterlaufen müssen, treffen wir auf einen Mann, der Steine schaufelt.
Er grüßt uns strahlend und bedeutet uns auch gleich, dass wir ruhig weitergehen sollen. Mit den Händen macht er eine Bewegung, als würde er sich an einem Seil entlangziehen.
Wir verstehen sofort: Wir werden den Fluss mit einer dieser Seilbahnen überqueren müssen. Perfekt!
Es reizt uns schon die ganze Zeit, so eine zu benutzen.
So viel Spaß hatten wir noch nie bei einer Flussüberquerung!
Als wir an später eine Kreuzung kommen, steht dort das erste Schild, und darauf: Machu Picchu!
Laut Karte müssen wir ab hier ein Stück der Straße folgen, die von Santa Teresa nach Hidroelectrica führt. Doch als wir die Stelle erreichen, wo wieder ein Fußweg abgehen sollte, ist dort nichts. Vielleicht haben wir ihn gerade verpasst? Wir sind kurz zuvor an einem Grundstück mit offener Einfahrt vorbeigekommen. War das der Zugang?
Aber wir haben eigentlich keine Lust, zurück zu gehen. Wenn der Weg so ist wie gestern, wird es bestimmt bald wieder eine Seilbahn geben, die die andere Seite mit der Straße verbindet. Also gehen wir einfach weiter. Doch als endlich eine entsprechende Konstruktion in Sicht kommt, ist sie verfallen und es gibt kein Seil mehr.
Der Weg auf der anderen Seite ist auch kaum zu erkennen. Während wir noch nach einer Stelle suchen, wo wir den Fluss vielleicht einfach auf großen Steinen überqueren können, sehen wir plötzlich den Grund für die Vernachlässigung des Fußweges: Auf der anderen Seite des Flusses, wo sich der Fußweg befinden sollte, ist hier nur ein riesiger Steinrutsch zu sehen. Wir observieren den Abschnitt sehr genau, können jedoch keinen neu angelegten Weg erkennen.
Als wir weitergehen, sehen wir, dass sogar das einzige Haus auf der anderen Seite zum Teil weggerissen wurde. Da drüben ist wohl einfach nichts mehr los. Keine Ahnung, ob der Weg überhaupt noch begehbar ist, und noch unwahrscheinlicher ist, dass man dieses abgerutschte Hangstück sicher überqueren kann.
Wohl oder übel müssen wir auf der Straße bis Hidroelectrica laufen. Was durchaus eine schöne Strecke ist, doch wird man immer wieder von den vorbeirauschenden Touristenbussen eingestaubt.
Da unsere Tickets für den Machu Picchu erst für übermorgen sind, bleiben wir entspannt. Am Nachmittag wandern wir ganz alleine die Gleise entlang. Vermutlich gibt es kein anderes Schild mit der Aufschrift „Zu Ihrer Sicherheit: laufen sie nicht auf den Bahngleisen“ auf dieser Erde, das häufiger ignoriert wird als dieses hier.
Morgen früh werden wir vermutlich ganze Menschenströme auf der Strecke treffen, denn dies ist die einzige Möglichkeit, zum Machu Picchu zu kommen ohne den teuren Zug zu nehmen.
Bei einer Familie, die ein nettes Lokal an den Gleisen leitet, können wir unser Zelt aufschlagen.
Zu meiner Begeisterung gibt es einen Wurf Welpen. Erst denken wir, es seien fünf, doch dann tauchen immer mehr auf, bis wir schließlich zehn Stück zählen!
Sie sind so goldig und tapsig, dass auch Dario sie sofort ins Herz schließt. Einzig die Hundemama tut uns wirklich leid, denn sie hat dieser Horde von Wildfängen nicht viel entgegenzusetzen. Sie ist vollkommen abgemagert, tut aber trotzdem ihr bestes, um alle zu versorgen. Der Hundepapa übernimmt, wenn sie sich verkriecht.
Als die Welpen schließlich für die Nacht untergebracht werden, kommt ein kleines Katzenbaby aus dem Haus. Es ist ganz alleine und noch winzig. Als wir die liebe Frau des Hauses fragen, wo seine Mama sei, schüttelt sie nur den Kopf.
Aber das kleine Miezchen scheint gut zurecht zu kommen. Neugierig klettert es auf uns herum und lässt alles mit sich machen. Vielleicht hat es ja Glück und kann sich mit den Hunden anfreunden?
Sofort muss ich an einen bestimmten Hund aus unserem Bekanntenkreis denken, der jedes kleine Wesen bemutterte, das es nötig hatte. Seien es kleine Katzen, Hühnchen oder Enten.
Salkantay Tag 6 – Hidroelectrica (bzw. kurz dahinter) bis Aguas Calientes
23.05.2018
Als wir erwachen, ist um uns herum schon einiges los. Die Welpen nehmen unsere Sachen auseinander. Zwei zerren an einer Tasche für die Isomatten, andere an einem Socken, der eigentlich trocknen sollte.
Wann immer möglich lassen wir unser Gepäck nämlich außerhalb des Zeltes liegen, da wir sonst drinnen kaum Platz haben.
Als die Kleinen mitbekommen, dass wir wach sind, drängen sie sich alle am Zelteingang und stapeln sich regelrecht übereinander, bis wir kaum noch rauskommen. Entsprechend lustig wird auch das Zusammenpacken, denn was immer wir kurz lose liegen lassen, wird sofort zum Spielzeug erklärt.
Beinahe zwei Stunden brauchen wir, bis wir gepackt, gefrühstückt und alle Welpen nochmal ordentlich geknuddelt haben.
Währenddessen können wir schon beobachten, wie die ersten anderen Touristen die Gleise entlangkommen. Heute wird es zeitweise ganz schön voll auf ihnen werden.
Immer wieder rennen sogar Jogger an uns vorbei, meist ältere, die anscheinend eine eigene Gruppe bilden.
Das tut der Strecke jedoch keinen Abbruch. Sie ist sehr idyllisch und nur ein oder zweimal müssen wir Zügen Platz machen.
Mittags mieten wir uns in Aguas Calientes ein, können warm duschen und genießen den Luxus eines Restaurants. Die Menschenmassen im Ort sind allerdings schon erschreckend.
Für den nächsten Morgen kaufen wir Bustickets zu unverschämten Preisen.
Alle Fahrzeuge, die in Aguas Calientes die Straßen befahren, sind mit dem Zug hergebracht worden. Und dieses Monopol lassen sich die Gesellschaften gut bezahlen.
Aber da wir ja auch noch den Montaña Machupicchu besteigen wollen, möchten wir es morgen langsam angehen. Auf meine Frage, wann man denn an der Bushaltestelle sein müsse, um unter den ersten oben zu sein, nennt mir die Frau am Schalter nur immer wieder die Abfahrtszeit des ersten Busses. Also 5:30 Uhr morgens.
Ich frage mich, ob sie meine eigentliche Frage nicht verstanden hat oder nicht verstehen will…