Titicacasee – das höchste kommerziell schiffbare Gewässer der Erde
11.05. – 14.05.2018

Puno, die Stadt auf peruanischer Seite des Titicacasees (die andere Seite gehört zu Bolivien), in der die Busse halten, gefällt uns überhaupt nicht. Aber sie ist ja auch nur als Ausgangspunkt für unsere Tour auf den See gedacht.

Unser Hostel ist zudem ganz nett und dank der vielen Touristen, die durch diesen Ort kommen, gibt es mehr als genug ansprechende Restaurants.

Gleich für den nächsten Tag buchen wir unsere Tour. Mit Übernachtung auf einer der Inseln.

Normalerweise meiden wir ja geführte Touren, aber bei einer Bootsfahrt lässt es sich kaum vermeiden. Zudem gibt es wohl keine untouristischen schwimmenden Inseln mehr. Und sehen wollen wir diese auf jeden Fall.

Der Titicacasee ist übrigens nicht nur das höchstgelegene kommerziell schiffbare Gewässer der Erde, er ist auch der größte natürliche Süßwassersee Südamerikas.

Mit seinen 8.288m² ist seine Fläche fast 15,5 mal so groß wie die des Bodensees!

Unser Gepäck lassen wir größtenteils im Gepäckraum des Hostels, nur den kleinen Tagesrucksack mit ein paar Klamotten und Snacks nehmen wir mit.

Punos Hafen ist voller Touristenboote, die in knappen Abständen ablegen. Das Boot, mit dem wir fahren, hat Platz für über zwanzig Personen und ist bis auf den letzten Platz besetzt. Allerdings dürfen immer nur sechs Personen auf Deck, und zu unserem Glück ist das in etwa die Anzahl junger Reisender, die sich an Bord befinden.

So verbringen wir die meiste Zeit ziemlich ungestört mit den anderen Backpackern in der Sonne. Kein einziges Mal macht einer der anderen Reisenden Anstalten, die Leiter herauf zu klettern. Sie treten höchstens mal kurz aus der Kabine, um ein Foto zu schießen. Dann verschwinden sie wieder.

Gemütlich fahren wir über den durchschnittlich 107 Meter tiefen See hinweg. Die tiefste Stelle erreicht sogar 284 Meter, laut unserem Guide. Unser erstes Ziel sind die schwimmenden Inseln. Jede dieser Inseln ist wie ein winziges Dorf. Und jede dieser Gemeinschaften empfängt eine Touristengruppe.

Der Guide erklärt uns, gemeinsam mit dem Inseloberhaupt und mit Zuhilfenahme eines Modells, wie die Inseln gebaut werden: Soweit ich verstanden habe, werden die Wurzeln des Seegrases in Blöcke geschnitten, mit Pflöcken und Seilen vertäut und mit Schilf belegt. Laut diesem Artikel kommt der Auftrieb der Inseln – schließlich sind es die „schwimmenden Inseln“ – von einem Gas, das die Wurzeln freisetzen.

Früher hatten die Hütten einen runden Grundriss und erinnerten mehr an Zelte denn an Häuschen. Die neueren Modell sind rechteckig, bestehen jedoch noch immer größtenteils aus Schilf. Wobei gelegentlich leider auch farbige Plastikfolien zum Einsatz kommen, die das idyllische Bild etwas beeinträchtigen. Aber sie sind eben die billigste Form, ein Dach schnell dicht zu bekommen, und wer liegt schon gerne im Nassen? Zum Glück ist dieser Anblick aber wirklich nicht allzu häufig.

Nach dem Vortrag dürfen wir die Insel besichtigen, einen Blick in die schlichten Hütten werfen und natürlich Souvenirs kaufen.

Anschließend wird uns eine Fahrt auf einem der Schilfboote angeboten, sie kostet natürlich extra. Unser Guide erklärt das Ganze so umständlich, dass wir alle denken, die Fahrt würde zwei Stunden dauern, und viele nehmen das Angebot an.

 

Es stellt sich jedoch heraus, dass sie kaum fünfzehn Minuten dauert, und einen Großteil der Zeit ist eine einheimische Kindergruppe um uns, um noch mehr Münzen aus den Touristen heraus zu holen. Nichts gegen Kinder, denn deren Idee war das sicher nicht, aber angenehm finden wir es nicht. Vor allem, weil es auf den Inseln sicher keine Gesangsschule gibt. Und viele der Lieder sind nicht mal traditionell, sondern solche die ihnen Touristen beigebracht haben – zum Beispiel „Alle meine Entchen“.

Wir sind regelrecht dankbar, als wir wieder auf Deck unseres Motorboots liegen.

Mittags erreichen wir die große Insel Amantani, auf der uns bereits eine Schar herausgeputzter Einheimischer Erwartet. Immer drei oder vier Touristen werden einer Familie zugeteilt.

Dario und mir wird eine junge allein reisende Frau zugeteilt. Wir schätzen sie auf etwas jünger als uns selbst. Zusammen bekommen wir eine Insel-Mami, eine kleine hutzelige Frau. Sie ist sehr goldig, aber leider ist unser aller Spanisch kaum ausreichend, um uns mit ihre zu unterhalten.

Wenigstens finden wir jedoch heraus, dass sie nur alle paar Wochen Touristen aufnehmen. Es gibt ein Rotationssystem nach dem bestimmt wird, welche Familien auf der Insel mit der Aufnahme der Touristen an der Reihe ist. So können jeden Tag Besucher kommen, ohne die Insulaner zu belästigen.

Im Haus ihrer Familie bekommen wir ein kleines Zimmer mit drei großen Betten, dann serviert sie uns im winzigen Essraum neben der noch kleineren Küche eine vorzüglich Quinoasuppe.

Nachmittags treffen wir uns wieder mit der großen Gruppe am Plaza de Armas, um zu den Tempeln der Insel zu spazieren. Wir ärgern uns allerdings schon bald über die Tour, denn wären wir einfach gleich nach dem Essen alleine los spaziert, hätten wir locker beide Tempel besichtigen können. So jedoch wird es bereits dunkel als wir den ersten erreichen.

Nach dem Abendessen gibt es eine „Party“ für die Touristen.

Als wir unserer „Mami“ sagen, dass wir uns die Feier wenigstens ansehen werden, läuft sie sofort zu einer Kammer und bringt uns einen großen Stapel traditioneller Kleidung.

Dario wird mit Poncho und Mütze ausgestattet und wir Frauen beneiden ihn um die simple Ausstattung sobald wir an der Reihe sind und Schicht um Schicht anziehen müssen: Eine Art unförmiges langes Unterhemd, dann eine Bluse und darüber einen Rock, um den ein breiter Gürtel gebunden wird. Zu guter Letzt auch noch ein langes Kopftuch.

Wir betrachten uns gegenseitig und verstehen plötzlich, warum alle Frauen auf der Insel so rundlich wirken. Das sind einfach nur die ganzen Klamotten!

Die Mami bringt uns zur Feier, auf der bereits laut musiziert und munter getanzt wird.

Zwei Tänze lang schließen wir uns größeren Gruppen an, die den Anweisungen der Einheimischen folgend traditionelle Tänze tanzen. Zumindest glauben wir das, denn wir kennen die hiesigen Tänze ja nicht.

Mir ist furchtbar warm, sodass ich mich aus dem Kostüm schäle, um wenigstens eine Schicht meiner eigenen Kleidung abzulegen und versuche anschließend das Kostüm wieder zu richten.
Doch die Mami schüttelt nur den Kopf und eilt herbei um mich wieder zu richten.

Dann tanzen wir einfach eine Mischung aus dem gerade erlernten Tanz und unserem Disko Fox, was niemanden zu stören scheint und bald schon dazu führt, dass auch andere Paare ihnen bekannte Tänze einfließen lassen.

Da wir uns auf fast 4.000 Metern Höhe befinden, sind wir allerdings bald fix und fertig.
Beim Tanzen rast unser Puls wie noch selten und wir werden kurzatmig.

Wir gehen früh zu Bett.

 

Am nächsten Tag geht es bei Zeiten weiter.
Alle nehmen am Bootssteg Abschied von ihren Insel-Familien und auf geht die Fahrt.

Wir besuchen noch eine weitere Insel und machen eine kleine Wanderung. Unser Guide zeigt uns die Nationalblume Perus, die Cantua buxifolia.

Auf dem großen Platz der Insel gibt es einen großen Laden mit handgemachter Kleidung. Wir bummeln hindurch und ich kann nicht widerstehen, als ich Mützen im französischen Baskenstil mit Alpaka-Muster entdecke…

Später erklärt er uns auch die Gewandungen der Bewohner.
Bei den Frauen zeigt ein schwarzer Rock an, dass sie verheiratet sind. Nur unverheiratete Frauen dürfen bunte Röcke tragen.
Bei den Männern zeigt die Mütze den Status an: Rote Mütze bedeutet verheiratet, rotweiße Mütze bedeutet Single.

Allerdings ist das nicht alles. Trägt etwa ein junges Mädchen schwarze Röcke wie eine verheiratete Frau, so ist sie die Tochter von Autoritäten.

Und nur Autoritäten dürfen Regenbogenfarben tragen. Von ihnen gibt es 25 auf der Insel.

Anschließend lernen wir nicht nur die Menschen zu kategorisieren, sondern auch die Tiere:
Ein Alpaka erkennt man am kurzen Hals und hängendem Schwanz.
Lamas hingegen haben einen längeren Hals und ihr Schwanz steht hoch.
Becunjas sind noch kleinere Tiere, die den Lamas ähneln aber so selten und nicht domestizierbar sind, dass ein Pulli aus ihrer Wolle gut 1.000 USD kosten kann. Im Vergleich: Alpaka-Pulli ca. 100 Soles (etwa 26 EURO), Alpakababy-Pulli ca. 200 Soles.

Nachtrag: Mit den Preisen ist es allerdings schwierig, denn Teilweise haben wir noch viel günstigere Angebote bekommen. Da fragt man sich dann, ob der Guide uns zu hohe Preise genannt hat um die Kauffreude anzustacheln, oder ob bei den günstigen Produkten etwas nicht stimmt…

Das Mittagessen bekommen wir in einem offenen Restaurant serviert, von dem aus wir einen schönen Blick auf den See haben.

 

Anschließend folgt die mehrstündige Fahrt zurück ans Festland.