Auf in den kalten Süden
Tag 89 (09.01.2017)

Es dauert eine Weile, bis wir wieder alles auf den Rädern verstaut haben.

Wir brechen früher auf als nötig, denn wir wollen noch einmal ins Museum. Die Räder mit dem Gepäck schließen wir gut sichtbar direkt am Eingang an, sodass ein Dieb schon sehr dreist sein müsste, um nicht aufzufallen. Die kostbarsten Dinge nehmen wir natürlich mit. Und wir beeilen uns.

Als wir alles gesehen haben machen wir es uns noch ein wenig am Hafen gemütlich, dann radeln wir zur Fähre. Zum Glück sind wir früh dran, denn unterwegs löst sich eine Schraube von meinem Rad und wir können noch an einem Fahrradladen halten und sie ersetzen lassen. Eine solche Kleinigkeit wird zu unserer großen Freude nicht mal berechnet.

Die Fähre ist nicht ganz klein und wir vertäuen unsere Räder ordentlich. Zu dritt. Der andere Radfahrer ist natürlich auch wieder deutsch.

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Die Fährfahrt ist sehr schön und wir lassen uns den vielen Wind gerne um die Nase wehen. Besonders zauberhaft sind die vorgelagerten Inselchen vor der Südinsel, durch die wir tuckern.

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In Picton, der kleinen Stadt in der die Fähre landet, wartet schon ein älteres Ehepaar auf uns. Auch hier wird wieder gezeltet. Doch diesmal sind wir immerhin früh genug um noch auf einen Tee ins Haus gebeten zu werden. Mit frischer Minze aus dem kleinen aber feinen Garten.

Die beiden, Don und Val, sind sehr nett. Don ist allerdings ziemlich müde und hält sich im Hintergrund. Dafür erzählt Val uns umso mehr. Sie ist Künstlerin und hat das ganze Haus gestaltet. Einzelne Wände haben spezielle Farben, während die Vorhänge ganz schlicht sind. Die (angenehm) bunt gestreiften Sofakissen sind sogar selbst genäht und der Fernseher hat Vorhänge wie ein Puppentheater. Wenn ich es so lese, hört es sich ziemlich komisch an, aber alles ist dezent und angenehm. Wir fühlen uns auf Anhieb sehr wohl.

Zufrieden krabbeln wir ins Zelt.

Couchsurfen auf dem Schotterweg
Tag 90 (10.01.2017)

Wir wachen auf, weil es draußen langsam unruhig wird. Der Enkel der beiden wartet mit kindlicher Ungeduld auf unser Erwachen.

Da wir heute noch ein gutes Stück schaffen wollen, stehen wir auch zügig auf. Wir packen alles abreisefertig zusammen, dann jonglieren wir. Der kleine Kerl stellt jede Menge Fragen und will immer noch mehr sehen, aber irgendwann wollen wir dann doch los.

Val führt mich noch kurz ins Obergeschoss und zeigt mir ihr Atelier und die privaten Räume. Das Atelier hat einen traumhaften Blick über ein Flusstal und ich bekomme richtig Lust mal wieder selbst zu werkeln. Bisher habe ich nicht mal viele Skizzen gemacht. Seit Thailand eigentlich gar keine mehr. Ich würde aber gerne die Grundrisse aufzeichnen. Von all den Häusern, die wir gesehen haben – natürlich vor allem von den guten.

Wir verabschieden uns herzlich und radeln bei schönstem Sonneschein los. Schon bald geht es ordentlich berauf, aber dank Hörbuch fliegen die Kilometer nur so dahin. Auch versteckt sich hinter jeder Kurver ein neuer Ausblick auf´s Meer und die vorgelagerten Inseln.

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Die Sonne schimmert auf den Wellen und ein paar Buchten später können wir nicht mehr wiederstehen und machen Pause. Es ist so gemütlich, dass wir gar nicht weiterfahren wollen. Wir spielen etwas Poi und ich schaue nach, ob es zwischen Picton und Nelson vielleicht jemanden gibt, bei dem wir übernachten können.

Tatsächlich gibt es einen Couchsurfer, auch wenn sich sein Profil ein wenig seltsam anhört. Lebt er auf einer Baustelle? Wir sind nicht mal sicher ob er eine Dusche hat. Aber nun gut. Wir versuchen es trotzdem, wenigstens hätten wir dann sicher einen Platz für unser Zelt.

Kurz bevor wir weiter wollen taucht der Deutsche Radler von der Fähre wieder auf. Wir tauschen allerdings nur ein paar Worte und ziehen dann wieder jeder seiner Wege.

Wir haben schon Glück, so zu zweit unterwegs zu sein. Wir sind nie alleine.

Das ist wirklich etwas Schönes. In jedem Detail unserer Reise steckt gemeinsamkeit. Und wenn wir nur gemeinsam einen Berg hochstrampeln und dabei über ein Hörbuch lachen.

Natürlich überlegen wir manchmal – meistens zusammen – wie es ohne den anderen wäre. Das Ergebnis ist allerdings immer das Selbe: Irgendwie doof. Folglich geht’s stets zusammen weiter!

So kommen wir gegen Abend gemeinsam bei unserem Gastgeber an und sind uns – mal wieder – einig: Was für ein Chaot!

Der Kerl hat einen kleinen Berg (nuja, größerer Hügel) gekauft. Das ist hier wohl üblich. Nachdem ein Stück Land komplett gerodet wurde und daher für die Wirtschaft vorläufig uninteressant geworden ist, wird es an Privatleute verkauft. Die können dann zusehen, wie sie aus dem Kahlschlag samt Erosionsfolgen wieder einen netten Ort machen.

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Im Falle unseres Gastgebers wird die Natur allerdings alleine klarkommen müssen, denn er sitzt den ganzen Tag vor dem Computer. Es gibt eine kleine Hütte mit einem Bett und einer Küche. Auch wenn man letzteres kaum so nennen kann. Müllhalde mit Kochvorrichtung würde es wohl treffender beschreiben. In dem Bett schläft allerdings nicht unser Gastgeber, sondern sein Kumpel.

Er selbst wohnt im Wohnwagen gegenüber. Zusammen mit seinem großen Hund. Und natürlich dem Computer. Ganz wichtig.

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Ansonsten gibt es einen kleinen Schuppen mit etwas Baumaterial für das zukünftige Haus und immerhin noch ein Plumsklo (mit Vorhang statt Tür).

Wir wussten ja, dass wir nur unser Zelt aufstellen können, aber da das Gras nicht gemäht ist, ist selbst das eine Herausforderung. Wir suchen eine Weile nach einer halbwegs flachen Stelle, doch schließlich sehen wir ein, dass die beste Stelle in der Einfahrt ist. Wir fegen ein paar Steinchen beiseite und stellen das Zelt auf.

Dann gehen wir erst mal baden.

Ja, baden. Nein, es gibt kein Bad. Keine Dusche, keine Badewanne.

Es gibt einen Fluss!

Der ist leider kein wirklicher Geheimtipp und so haben auch die Moskitos schon von ihm gehört. Obwohl wir in menschlicher Hinsicht also vollkommen alleine sind und pudelnackig ins Wasser hüpfen können, haben wir keine Ruhe. Andererseits ist das Wasser so kalt, dass wir ohne die saugenden Plagegeister vielleicht nie hinein gegangen wären. So aber heißt es Flucht in die Fluten.

Lange halten wir es allerdings nicht in der Kälte aus und so machen wir uns dann bald an die Zubereitung des Abendessens. „Das ist die schlimmste Küche, in der ich je gekocht habe“, sagt Dario und macht jede Menge Fotos. Trotzdem zaubert er aus etwas Reis, einer alten Möhre und ein paar anderen Überresten ein passables Essen für vier Personen.

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Dieses verspeisen wir alle gemeinsam an einem zusammengeschusterten Tisch. Die beiden Typen sind sehr nett und der „Kumpel“ bietet uns sogar an unsere Räder anzuschauen. Er kenne sich damit aus. Und das macht er nach dem Essen auch und verbessert tatsächlich etwas, während wir unsere Poi auspacken und spielen. Unser Gastgeber hat einen selbstgebastelten Feuerstab und gesellt sich dazu.

Als es richtig dunkel wird und auch etwas zu nieseln beginnt, gehen wir ins Bett.

 
Nelson und zum Glück wieder WarmShowers
Tag 91 (11.01.2017)

Wir wachen früh auf, packen alles auf zusammen und auf die Räder und gehen nochmal baden. Der Hund kriegt mit, dass wir zum Fluss gehen und begleitet uns. Leider. Das Vieh ist ja wirklich eine gute Seele, aber so viel und so laut habe ich noch keinen Hund bellen gehört. Eine ziemlich schlechte Angewohnheit, wie auch die Stimmbänder zu finden scheinen, denn der Klang lässt melodisch zu wünschen übrig.

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Wir sehen zu, dass wir schnell fertig werden. Dann verabschieden wir uns und radeln los. Nix wie weg!

Leider fällt uns drei Kilometer später auf, dass mein Biki-Oberteil nicht mehr da ist. Da Dario die Badesachen an seinem Rucksack befestigt hat, ist es an ihm zurück zu radeln. Ich nutze die Zeit um weitere WarmShowers Anfragen zu senden.

Während ich warte kommt doch tatsächlich schon wieder dieser Deutsche Radler vorbei. Warum ausgerechnet er immer wieder auftaucht ist mir echt ein Rätsel. Wir sind so gar nicht auf einer Wellenlänge! Trotzdem schaffen wir es ein paar Worte zu wechseln, bis Dario endlich wiederkommt. Der Deutsche begleitet uns dann ein kleines Stück, bis wir einen Laden sehen uns anhalten. Da fährt er wieter und wir haben wieder unsere Ruhe.

Sein Glück, denn in der Gegend gibt es unglaublich viele schöne Briefkästen und wir halten ständig an, um Aufnahmen für unsere Fotoserie zu machen.

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So setzen wir ganz entspannt unsere Fahrt bis nach Nelson fort, wo wir bereits von einem WarmShowers Host erwartet werden.

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Er ist das komplette Gegenteil von unserem letzten Gastgeber. Super ordentlich und strukturiert. Wobei sie eine Gemeinsamkeit haben, denn auch er hat einen permanenten Gast.

So bekommen wir das Gästezimmer an der Garage statt im Haus. Es hat kein Bett, aber zwei sehr bequeme Matratzen und einen flauschigen Teppich. Nach der letzten Unterkunft ganz klar: Wir lieben es! Und wir haben zwei Nächte „gebucht“, da Regen angesagt ist.

Wir bekommen einen eigenen Schlüssel, sodass wir ein und ausgehen können wie wir wollen. Wir bedanken uns herzlich und bieten an zu kochen, aber die beiden haben schon gegessen und so machen wir nur für uns etwas. Für den nächsten Abend verabreden wir uns zum gemeinsamen Kochen. Jimmy, der Hausherr, möchte Hühnchen grillen. Ob wir etwas beisteuern überlässt er uns.

Zufrieden gehen wir schlafen.

 

Viele „der eine Ring“-Ringe
Tag 92 (12.01.2017)

Wie angekündigt sieht das Wetter ziemlich schlecht aus. Daher machen wir einen Ausflug in die Stadt um ins Kino zu gehen. Allerdings scheinen wir nicht die einzigen mit diesem Plan zu sein, denn die Vorstellung ist tatsächlich ausgebucht. Unglaublich.

Also bleibt uns nichts anderes übrig, als uns die Stadt anzuschauen. Nelson ist nicht übermäßig interessant, aber wir besteigen einen Hügel mit Kirche und besuchen die Goldschmiede in der „der Eine Ring“ (bzw. Jede Menge davon) für den Herrn der Ringe gefertigt wurde.

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Dann gehen wir aber wirklich noch ins Kino und auf dem Heimweg machen wir noch einen Abstecher ans Meer und spielen Poi.

Pünktlich zum gemeinsamen Abendessen kommen wir nach Hause und zaubern noch schnell einen Salat zum Grillhuhn dazu. Keine große Kunst, da noch so viel von gestern übrig ist.

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Wir haben ein gemütliches Abendessen und bekommen viele gute Tipps für den nächsten Teil der Route, da der Dauergast mal in der Tourist Information gearbeitet hat.

So ändern sich auch unserer Pläne und wir beschließen statt dem Abel Tasman Coast Track (den wir nämlich schon vor Wochen hätten buchen müssen) einen Abstecher in die Golden Bay zu machen und um dort hin zu kommen einen Radweg an der Küste entlang zu nehmen.

 

Radlerglück – schöne Strecke und gute Unterkunft
Tag 93 (13.01.2017)

Gesagt, getan. Wir radeln am Meer entlang. Die Strecke ist zauberhaft. Über Stege und durch hohe Gräser geht es, bis wir schließlich nach „Rabbit Island“ kommen.

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Die kleine Halbinsel ist Naturschutzgebiet und der Strand so schön, dass wir einfach baden gehen müssen. Wir entscheiden auch nicht mehr viel weitere zu fahren und rufen spontan bei WarmShowerern in der Nähe an, die uns tatsächlich für nachher zusagen. Entspannt gehen wir baden.

Dann radeln wir über die Insel und nehmen eine kleine Fähre zurück ans Festland.

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Auf der Weiterfahrt finden wir einen kleinen Igel und retten ihn von der Straße.

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Einige Kilometer müssen wir noch machen, aber wir werden belohnt. Unsere Gastgeber sind zwar gar nicht zuhause, aber die beiden deutschen WWOOFER zeigen uns gerne das großzügige Haus und unser hübsches Zimmer. Nach dem Abendessen spielen wir auf der Terrasse Poi, bis unsere Gastgeber heimkommen. Dann plauschen wir noch ein wenig und gehen ins Bett.

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Über den Berg ins Paradies?
Tag 94 (14.01.2017)

Heute wollen wir in die Golden Bay. Dazu radeln wir erst mal nach Motueka, dem letzten größeren Ort vor dem „Berg“. Denn der Berg trennt die Golden Bay quasi vom Rest der Welt. Besonders wenn man ein Radfahrer ist.

Also informieren wir uns über unsere Optionen und finden heraus, dass ein Boot zur Golden Bay fährt und auch Räder an Bord nehmen kann. Allerdings ist Startpunkt in einem kleinen Ort mehrere Kilometer entfernt. Besser als eine Bergüberquerung, denken wir uns und radeln los. Hoffnungsvoll montieren wir ein Schild hinten am Gepäck mit Aufschrift „Golden Bay“. Vielleicht nimmt uns ja jemand mit.

So radeln wir dahin und kommen schließlich an die Abzweigung zu dem kleinen Ort, wo das Boot abfahren soll. Wir montieren unser Schild nun vorne ans Rad, da Autos die zur Golden Bay wollen nun höchstens von vorne kommen können. Aber eigentlich rechnen wir nicht mit einem Erfolg.

Umso erstaunter sind wir, als kurze Zeit später ein Pickup anhält, eine Frau aussteigt und uns lächelnd zuwinkt. Wir halten an und sie erklärt uns, dass wir in die falsche Richtung fahren, wenn wir in die Golden Bay wollen. Ja, das wissen wir auch. Wir erklären ihr die Sache mit dem Boot und sie nickt. „Aber von der Anlegestelle sind es noch etliche Kilometer bis nach Takaka! Das schafft ihr heute nie.“, klärt sie uns auf.

Als wir lange Gesichter machen, lächelt sie. „Aber ich könnte euch auf den Berg bringen“.

Da sagen wir natürlich nicht nein und packen sofort die Räder auf die Ladefläche. Unterwegs stellt sich heraus, dass sie extra nur für uns hinauf fährt und wir sind sehr dankbar dafür, denn es sind sehr sehr sehr viele Kurven hinauf. Selbst mit Hörspiel wäre das sicher nicht leicht geworden.

Unsere Chauffeurin ist Kindergärtnerin und sehr nett. Am höchsten Punkt des Berges „Takaka Hill“ setzt sie uns ab. Wir winken ihr hinterher, dann schwingen wir uns in die Sättel und ab geht die Post!

Was für ein Spaß! Es geht bergab und bergab. Kurve um Kurve sausen wir gen Tal und genießen die fantastischen Ausblicke. An einem Aussichtspunkt futtern wir unser Mittagessen und schreiben Anfragen an WarmShowerer in Takaka, dem kleinen Städtchen am Anfang der Golden Bay, das wir gemütlich in ein oder zwei Stunden erreichen können sollten.

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Tatsächlich bekommen wir auch eine Zusage, allerdings von einem nicht ganz gewöhnlichen Host. Er ist schon etwas älter und betreibt ein „clothing optional“ Backpackers. WarmShowerer können kostenlos im Garten zelten. Dario grinst, während ich einen Moment mit mir kämpfe und überlege ob wir nicht doch lieber für einen Campingplatz bezahlen.

Aber Offenheit ist ja bekanntlich eine wichtige Eigenschaft beim Reisen und so gebe ich mir einen Ruck. Wir sagen zu.

Als wir dann tatsächlich ankommen, schicke ich aber Dario vor, um die Lage auszukundschaften. Er kommt grinsend zurück. „Ist ganz nett, da war halt ein Nackter, der mich begrüßt hat. Am Tisch drinnen sitzt noch einer, die anderen sind alle angezogen.“

Ich schwitze ein bisschen, aber das Verlangen nach einer warmen Dusche und einem kuscheligen Platz im Zelt siegen. Ich komme mit rein. Und habe Glück, denn unser Gastgeber ist nun aufgetaucht und er ist angezogen. Er drückt uns zur Begrüßung und erklärt, dass das in der Golden Bay die übliche Begrüßung sei. Golden Bay ist Hippieland.

Au weia, denke ich nur. Hoffentlich muss ich diese Höflichkeit keinem nackigen Typen entgegenbringen…

Unser Gastgeber führt uns durchs Haus und zum Glück begnügen sich die meisten Gäste mit einem Winken zur Begrüßung. Die Jungs sind fast alle nackt, die Mädchen ohne Ausnahme bekleidet.

Es ist ein nettes kleines Backpackers. Eine gemütliche Küche mit Computer und ein Wohnzimmer mit großer Couch, Fernseher und vielen Filmen. Im Garten hinterm Haus gibt es einen Whirlpool. Dieser darf aber nur nackig benutzt werden! Der Ausblick geht auf eine Wand, die den Garten begrenzt und eine Szene mit fliegenden Nackten zeigt. Auf dem Weg ins Paradies der Nackten?

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Gezeltet wird dagegen vor dem Haus. Und das Beste ist eindeutig das Bad, denn es beinhaltet eine Massage-Dusche mit Düsen aus allen nur erdenklichen Richtungen.

Abgesehen von einem Preis als „sonderbarste Unterkunft“, verleihe ich nun noch eine Medaille für die beste „warm shower“ unserer WarmShowers Unterkünfte.

Wir stellen das Zelt auf und belegen das Bad mit der tollen Dusche. Dann kuscheln wir uns ins Zelt.

 

Seelenverwandte
Tag 95 (15.01.2017)

Wir haben eine Zusage von einem deutschen Paar weiter nördlich in der Golden Bay, in Collingwood. Kurz bevor wir aufbrechen, stellen wir fest, dass das Handydisplay nicht mehr funktioniert. So ein Mist! Wir telefonieren mit dem Reparaturladen in Wellington, denn es muss deren Fehler sein und die lassen uns wissen, dass die einzige Lösung ist, das Ding zu ihnen zu schicken.

Dazu brauchen wir aber einen Ort, zu dem wir es danach wieder zurückschicken lassen können. Also verschicke ich etliche Anfragen an WarmShowers Host an der Westküste.

Danach verabschieden wir uns und ich drücke mich erfolgreich davor unseren nackten Gastgeber zum Abschied umarmen zu müssen. Auch wenn es ja wirklich schlimmere Dinge gibt.

Wir radeln entspannt durch die Golden Bay. Leider liegt die Straße nicht am Wasser, aber die Fahrt ist trotzdem ganz nett. Und als wir schließlich unser Ziel erreichen, sind wir hin und weg.

Ein riesiger Garten voller Obstbäume, Blumen und Kunstwerken empfängt uns. Als wir die Einfahrt entlangradeln entdecken wir auch unsere Gastgeber.

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Erhard und Christine sind gerade dabei ein Netz über einen der Bäume zu spannen. Wir winken und sie grüßen lächelnd zurück. Nachdem das Netz fertig befestigt ist, nehmen sie uns richtig in Empfang.

„So sind wir auch immer unterwegs“, lacht Erhard und deutet auf unseren Wok.

Dann gibt es erst mal etwas zu Trinken. Selbstgemachten Saft für uns und Wein für sie. Dazu knusprige Brotstückchen. Eingenommen werden die Schlemmereien auf der Terrasse neben dem Haus. Diese besteht aus einigen Sitzstufen und oben einem Podium mit eingelassenem Whirlpool.  An der Sitzstufe mit dem besten Blick gibt es einen Grill. Das ganze ist überdacht – und selbstgebaut.

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Die beiden machen fast alles selber.

Wir stellen fest, dass wir viele Gemeinsamkeiten haben und uns ganz prima unterhalten können. So müssen wir uns schließlich richtig zusammenreißen noch rechtzeitig vor Sonnenuntergang das Zelt aufzustellen. Das mache ich, während Dario mit Erhard zusammen das Abendessen vorbereitet. Christine verschwindet derweil in ihr Atelier, wo sie gerade eine Kunstinstallation für einen Wettbewerb vorbereitet.

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Die beiden sind nämlich sehr engagiert in der Kunstszene der Golden Bay und haben etwa die „Art Bank“ neu organisiert. Das ist eine Galerie in Takaka, wo Künstler (und davon gibt es in der Golden Bay jede Menge) ihre Werke präsentieren können.

Das Essen schmeckt ausgezeichnet. Wie schon in Nelson hat Dario „nur“ den Salat (auch der ist natürlich ziemlich aufwändig) zubereitet und es stellt sich heraus, dass auch Erhard ein mehr als passabler Koch ist. Sein Fischcurry schmeckt super!

Wir sind alle total glücklich.

Die beiden erzählen uns viel aus ihrer Vergangenheit. Erhard war Lehrer, Christine ist schon lange Künstlerin. Das Haus in dem wir gerade sitzen ist ihr drittes.

Die anderen beiden Häuser hatten sie in Deutschland. Das erste haben sie komplett selbst entworfen und auch fast ganz selbst gebaut. Das zweite war ein Bauhaus, welches sie wieder komplett auf Vordermann gebracht haben.

Hier in Neuseeland sind sie wegen ihrer Tochter gelandet, die nämlich mit ihrem Neuseeländischen Mann und Kind nur ein paar hundert Meter weiter wohnt.

Die beiden sind einfach schaffenswütig und haben sich hier ein Paradies gezaubert. Mit Pflanzen, Tieren (Hühner und Schafe) und diesem gemütlichen Haus mit Traumblick.

Für den nächsten Tag planen wir das Versenden des Handys und einen Ausflug zum Farewell Spit und der Wharariki Beach. Erhard und Christine laden uns ein, doch noch eine Nacht zu bleiben.

Früher haben sie auch ein Zimmer für die Radfahrer zur Verfügung gestellt, aber weil sie einfach so nett und so gute Gastgeber sind, wurde ihr Ruf einfach zu gut. Bis sie schließlich Anfragen bekamen, die wohl etwa so lauteten: „Wir planen einen Abstecher in die Golden Bay, lassen unsere Räder aber in Nelson. Mitbringen brauchen wir ja nichts, wir haben gehört bei euch gibt es alles.“

Danach haben sie beschlossen nur noch einen Platz zum campen anzubieten und seitdem ausschließlich die Art von Gästen, die sie gerne haben möchten. Uns zum Beispiel. Was für ein Glück!

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Wharariki Beach
Tag 96 (16.01.2017)

Nach dem Frühstück düsen wir los in den Ort und bringen das Handy auf den Weg. Dann strampeln wir Richtung Farewell Spit – mal wieder gegen den Wind.

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Dort schließlich angekommen, laufen wir nur ein kleines Stück. Wenn man bis ganz auf die Spitze möchte, muss man ohnehin eine Eco-Tour buchen und so wie es heute windet und den Sand der Dünen durch die Lüfte wirbelt, sind wir gar nicht so scharf auf einen größeren Ausflug.

Also machen wir es uns gemütlich und futtern erst mal was. Pünktlich zur Ebbe wollen wir ohnehin am Wharariki Beach sein.

Auch auf dem Weg dorthin quält uns der obligatorische Gegenwind.

Erhards Empfehlung folgend laufen wir noch ein gutes Stück durch die Dünen, um den Strand an einer etwas entlegeneren Stelle zu betreten. Es ist richtig malerisch. Die Dünen sind bis nah ans Meer bewachsen und immer wieder müssen wir (an vorgegebenen Stellen) über Zäune steigen um von einer Schafweide auf die nächste zu gelangen.

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Wir erreichen den Strand kurz vor der Ebbe und genießen eine Weile den Blick auf die grandiosen Felsformationen, bis sich das Wasser weit genug zurückzieht und wir den Strand betreten können. Hier sind wir tatsächlich die einzigen und so wandeln wir fasziniert zwischen den Felsskulpturen umher.

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Unterwegs begegnen wir auch einem Seehund, der sich von unserer Anwesenheit allerdings nur mäßig begeistert zeigt und uns zu verstehen gibt, dass er gerne seine Ruhe hätte. Wir tun ihm den Gefallen und schländern lieber in die nächste Höhle. Und die übernächste. Und tanzen weiter vorne am Strand im aufspritzenden Wasser der seichten Wellen.

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Langsam kommen wir an den Hauptstrand, wo auch andere den Zauber genießen. Nur leider genießen wir so lange und langsam, dass es plötzlich schon ganz spät ist.

Dabei sind wir wieder zum Essen verabredet!

So machen wir leider den Fehler, nicht ganz bis zum Ende zu laufen und verpassen die Pools mit den spielenden Seehundbabys. Aber das erfahren wir natürlich erst später. Und sind trotzdem sehr zufrieden mit dem wundervollen Tag.

Auf dem Rückweg – natürlich mit Gegenwind – werden wir allen Ernstes von Erhard aufgegabelt, der uns extra entgegen gefahren ist. Er hat das Lamm im Ofen und möchte es zur perfekten Zeit servieren können. Und er hat sich schon gedacht, dass wir nicht so schnell wieder vom Strand aufgebrochen sind.

Wir genießen also ein weiteres wundervolles Abendessen zusammen und sind richtig traurig, dass wir morgen weiter müssen. Und das müssen wir wohl tatsächlich, denn Erhard und Christine erklären uns, dass ein Unwetter im Anmarsch ist und wir zusehen sollen, dass wir ins Inland kommen.

 

Über den Berg zurück – doch wohin dann?
Tag 97 (17.01.2017)

Erhard nimmt uns mit nach Takaka und schweren Herzens verabschieden wir uns von den beiden. Hoffentlich sehen wir sie eines Tages wieder!

Takaka Hill kommt schleppend langsam näher, heute ist von schlechtem Wetter noch keine Spur. Sengend heiß trifft es schon eher.

Wir machen Pause an einem Fluss und nehmen für die „Fotoserie Wok“ noch ein Bild auf: Dario beim Goldsuchen. Ohne viel Hoffnung, obwohl es hier in der Golden Bay durchaus möglich ist – allerdings eher wenn man weiß wo.

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Unmotiviert befestigen wir wieder unser Schild am Gepäck, diesmal mit der Aufschrift „Motueka“. Doch Auto um Auto zieht an uns vorbei und es wird immer steiler. Und dann, kurz bevor wirklich der Berg beginnt, hält ein Pickup. Der Fahrer hat vollstes Verständnis für unsere fehlende Motivation.

„Es ist besser oben zu sein“, sagt er und setzt uns auf der Spitze ab. Extra damit wir die Abfahrt auf den Rädern genießen können.

Am Fuße des Berges machen wir eine Umweg über Motueka und kaufen eine Karte. Eine echte Straßenkarte. Aus Papier! Die totale Steinzeit setzt ein. Und die Steinzeit kostet auch noch richtig Kohle.

Doch dann stellen wir fest, dass die Steinzeit Radwege kennt und diese speziell verzeichnet sind. Gar nicht so übel.

Also suchen wir nach dem Radweg für die Weiterfahrt, was auf dem Papier leider einfacher ist, als auf der Straße. Schließlich müssen wir feststellen, dass wir in einer Sackgasse gelandet sind. Einer ziemlich langen Sackgasse. Und es wird langsam dunkel.

Weit und breit kein Campingplatz. Wir klopfen an einem Haus und fragen, ob wir vielleicht unser Zelt in den Garten stellen dürfen, oder ob es einen Ort in der Nähe gäbe, wo es erlaubt sei.

Das ältere Paar ist leider nicht sehr offen und verweist uns auf einen Spielplatz mit Toilette in der Nähe. Da sei campen erlaubt. Und sie erklären uns, wie wir wieder auf den Radweg kommen.

Wir sind nicht dazu aufgelegt noch weiter zu suchen und folgen einfach der Angabe.

Sicherheitshalber stellen wir den Wecker auf sechs Uhr…

 

Vom Regen in die Traufe, doch unverhofft kommt oft!
Tag 98 (18.01.2017)

…und schalten ihn grummelnd aus.

Eine Stunde später klopft es ans Zelt. „Aufwachen, ihr zeltet hier illegal!“

Wir stöhnen auf und murmeln verschlafen, dass der nette Herr einen Moment warten soll. Schnell ziehe ich mir etwas an und klettere aus dem Zelt.

Der ältere Beamte ist tatsächlich sehr nett. Ich reiche ihm die Hand, stelle mich vor und er lässt mich unsere Geschichte erzählen. Dass wir den Radweg verfehlt haben, scheint keine Seltenheit zu sein und tasächlich fährt auch just in diesem Moment ein Radler die Straße entlang – aus der Sackgasse zurück Richtung Radweg.

Der nette Herr erklärt, dass die Nachbarn in der näheren Umgebung es nicht gerne sehen, wenn hier gezeltet wird und verweist auch auf ein Schild mit „no camping“, welches wir in der Dunkelheit übersehen haben.

Ich entschuldige mich und versichere ihm, dass wir sofort aufbrechen werden. Daraufhin nickt er freundlich. Dario kommt nun auch aus dem Zelt und wir bekommen nochmal eine Erklärung, wie wir wieder auf den rechten Weg finden.

Wir verabschieden und bedanken uns, denn wir sind überfroh nicht 200 $ Strafe zahlen zu müssen.

Nun sehen wir zu, schnellstmöglich auf den Radweg zu kommen und finden heraus, warum fast all Radler hier falsch fahren. Man muss auf eine Straße zwischen zwei riesigen Hecken abbiegen und es gibt kein Schild. Erst ein paar hundert Meter weiter steht eines und lässt erkennen, dass wir diesmal richtig sind.

Dank dem freundlichen Weckservice sind wir mal richtig früh dran.

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Dafür überkommt uns aber mittags eine große Müdigkeit. Wir halten an einem Fluss und essen. Zum Glück in der Nähe einer Brücke, denn kurz darauf beginnt es zu regnen.

Wir verkriechen uns ins Trockene, lehnen uns aneinader und schlafen doch tatsächlich ein.

Natürlich wachen wir immer wieder auf, denn wirklich bequem ist es nicht. Und irgendwann ist mir auch kalt. Zum Glück hat der Regen etwas nachgelassen und in unsere Regenkleidung gepackt können wir weiterfahren.

Da der Radweg diesmal nur auf der normalen Straße entlangführt, versuchen wir eine Abkürzung zu nehmen. Hier ist viel weniger Verkehr und wir sind guter Dinge.

Dario setzt ein Spiel fort, das wir in letzter Zeit begonnen haben: Wir erzählen uns Kurzgeschichten. Allerdings holt er etwas zu weit aus und es wird eher der Anfang für ein Buch. Selbst schuld, so muss er ganz schön lange erzählen.

Das wird nicht einfacher, als die befestigte Straße aufhört und an ihre Stelle Schotter tritt.

Und dann beginnt es auch noch bergauf zu gehen.

Weiter und weiter.

So schlimm, dass wir sogar kurz überlegen, umzukehren. Aber das würde bedeuten, viele, viele Kilometer doppelt zu fahren.

Und so strampeln wir weiter. Auf der Schotterstraßen. Den Berg hoch. Bei Regen.

Häuser werden immer seltener und je höher wir kommen, desto dunstiger und trister wird es. Ich wusste gar nicht, dass es hier Berge gibt. Aber so fühlt es sich an. Immer wenn wir denken, dass wir nun endlich den höchsten Punkt erreicht haben, geht es nur ein paar Meter runter und dann noch höher hinauf.

Als endlich mal wieder ein Haus in Sicht kommt, überlege ich einfach hin zu fahren und um freundliche Aufnahme zu bitten. Doch es wirkt nicht sehr einladend und dann stellt sich auch noch heraus, dass es ein ganz schöner Umweg ist, da es noch höher als die Straße liegt und eine gewundene Einfahrt hinauf führt. Wir fahren weiter.

„Wir schaffen es schon bis zum Campingplatz“, sagt Dario.

„Kein besonders passendes Ende für so eine Abenteuerfahrt“, antworte ich.

Und wir strampel weiter.

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Dario spinnt mit bemerkenswerter Ausdauer (in Sachen Fantasie UND Puste) seine Geschichte fort. Das versüßt die Fahrt enorm, doch die Träume von einer warmen Dusche, trockenen Kleidern und einem weichen Bett werden immer übermächtiger.

Jetzt würde ich ja fast gerne meinen lieben Onkel Marcus anrufen. Von dem haben wir vor der Abreise nämlich einen Gutschein bekommen: Sollten wir mal gar nicht wissen wohin, oder das Zelt einfach nicht mehr aushalten, dann können wir bei ihm anrufen und er organisiert ein nettes Hotel für uns.

Die Sache hat aber zwei Haken.

Der kleinere Haken ist, dass wir mit zwei Rädern voller Gepäck irgendwo im Nirgendwo unterwegs sind. Folglich müsste uns jemand vom Hotel abholen. Aber das wäre sicher möglich.

Der wesentlich größere Haken ist, dass das „Notfall“-Gefühl noch viel zu schwach ist. Denn eigentlich ist ja alles in Ordnung. Klar, wir sind nass. Aber im Rucksack sind trockene Handtücher und Klamotten. Und theoretisch könnten wir jederzeit irgendwo unser Zelt aufstellen. Gut möglich, dass wir den Gutschein ein andermal dringender brauchen. Die Reise ist schließlich noch lang.

Oh nein, es sind übrigens drei Haken: Das Notfalltelefon (mein altes Steinzeithandy) hat hier keinen Empfang.

Wir strampeln weiter.

Plötzlich steht da ein Auto am Straßenrand. Darin sitzt ein junger Mann und starrt in den Regen. Dario klopft an die Scheibe und fragt, ob wir wirklich noch auf dem richtigen Weg sind. Der junge Mann bejaht, interessiert sich aber nicht wirklich für uns. Er scheint über irgendetwas wütend zu sein.

Wir lassen ihn in Ruhe und strampeln weiter.

Mittlerweile sind wir ganz schön erschöpft. Wir sind so früh aufgebrochen und haben ganz schön Strecke gemacht. Das macht sich nun langsam bemerkbar. Und dunkel wird es auch schon.

Eine Einfahrt kommt in Sicht und ein bellender Hund kommt uns entgegen gelaufen. Er ist zwar nass, aber total nett und ich kraule ihn unter Darios missbilligenden Blicken.

Nun kommt auch ein Mensch die Einfahrt entlang. Ein junger Mann. Er nickt uns zu und begrüßt uns standartmäßig mit „How are you doing?“. Wir entscheiden uns nicht ganz so standartmäßig zu antworten und erzählen ihm stattdessen von unserer Reise und dieser nassen Fahrt heute.

Er hört zu, ist selbst aber eher wortkarg. Fragt einfach nur, ob wir vielleicht frisches Wasser brauchen. Wir bejahen mit Blick auf unsere leeren Flaschen.

Die kurze Einfahrt enthüllt schnell den Blick auf eine kleine Holzhütte mit Veranda. Keine normale Hütte allerdings, denn der Grundriss ist alles anderes als rechtwinklig. Der Mittelteil ist sechseckig, darum herum sind niedrigere Elemente angeordnet.

Während wir unsere Flaschen an der Seite des Hauses auffüllen, holt der Mann seine Frau und ihre kleine Nichte aus dem Haus. Beide sind wesentlich weniger wortkarg und so sind wir schnell wieder am erzählen. Schließlich fragt sie uns, ob wir nicht bei ihnen übernachten wollen. Wir schauen uns an. Das wäre wunderbar. „Wir brauchen aber nur eine warme Dusche und ein Plätzchen für unser Zelt“, sagen wir mit Blick auf den nassen Garten.

Sie schüttelt den Kopf. „Wir haben eine Hütte am Hügel, da könnte ihr schlafen, gar kein Problem.“ Wir sehen in der angegebenen Richtung einen schmalen Pfad zwischen den Bäumen verschwinden. Dankend nehmen wir an.

Dann schieben wir unsere Räder auf dem kleinen Weg den Hang hinauf. Durch Matsch und über Wurzeln. Und überlegen, ob das wirklich eine gute Idee war.

Oben angekommen werden jedoch all unsere Zweifel ausgeräumt. Das Blockhüttchen ist perfekt. Und darin ist ein Kamin und ein großes, weiches Bett.

Wir schnappen unsere Handtücher und Klamotten und wandern wieder nach unten. Ein Bad gibt es nur im Haus.

Als wir Schweiß und klamme Regenfeuchte mit warmem Wasser und trockenen Handtüchern vertrieben haben, gesellen wir uns zu den anderen an den warmen Ofen im Wohnzimmer. Nur leise sollen wir sein, denn es gibt ein Baby, das schon schläft.

Bei frischem Apfelkuchen erzählen wir noch etwas mehr von unseren Reisen und erfahren auch ein wenig über unsere Gastgeber. Sie ist früher auch gereist, aber irgendwann hat ihre beste Freundin gefragt, ob sie sich nicht niederlassen möchte. Ihre Freundin war da gerade schwanger. Dann stellte sie ihr ihren heutigen Mann vor und hatte damit tatsächlich Erfolg.

Er ging mit ihr „trampen“, also durch die Berge wandern, und sie verliebten sich.

Jetzt wohnen sie in diesem hübschen Häuschen, haben ein Baby und er arbeitet in der Natur. Ich glaube irgendwas für die Regierung in Sachen Naturschutz. Das entspricht ihm gut, denn er ist ein richtiger Naturmensch. An der Wand hängt ein Foto von ihm, wie er mit dem Mountainbike über einen Bergkamm rast.

„Das könnten wir mit unseren Rädern total vergessen“, lachen wir.

Schließlich wünschen wir allen eine gute Nacht und wandern wieder durch Wald den Hang hinauf. Im Hüttchen angekommen, machen wir ein Feuer im Kamin und hängen unsere nassen Kleider auf.

Es ist so gemütlich!

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Der Regen prasselt nun immer heftiger auf das Dach und Donner grollt. Vor den Fenstern sehen wir wilde Blitze über den dunklen Himmel zucken. Das perfekte Wetter, um in einer gemütlichen Hütte am Feuer zu sitzen.

Tief in der Nacht donnert es ein Mal so laut, dass ich sogar aufwache. Ich lächle, kuschle mich an Dario und schlafe glücklich weiter.

 

Viel Verkehr und wieder Zelten
Tag 99 (19.01.2017)

Wir schlafen aus, frühstücken eine Kleinigkeit und rutschen dann mit den Rädern den Hang hinunter.

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Der Herr des Hauses ist schon auf der Arbeit, aber es quatscht sich ja ohnehin leichter mit den beiden Damen. So erfahre ich noch, dass das Haus eine recht witzige Geschichte hat.

Die nächsten Nachbarn haben nämlich das gleiche Haus. Die Nachbarin ist Deutsche, hat einen Kiwi (Neuseeländer) geheiratet und das Haus entworfen. Dieses gefiehl dem Mann, dem das Grundstück gehörte bevor unsere Gastgeber dorthin zogen, so gut, dass er darum bat es kopieren zu dürfen. So gibt es nun zwei gleiche Häuser auf zwei benachbarten Grundstücken. Allerdings mit so viel Wald dazwischen, dass es wohl niemandem auffällt, der es nicht weiß.

Während wir Frauen reden, geht Dario zu den Hundewelpen. Der Hund, der uns gestern zu unserem Glück verholfen hat, ist kürzlich Papa geworden. Die Hundemama kümmert sich liebevoll um ihre kleinen. Und die sind sowas von süß. Sogar Dario ist richtig begeistert und nimmt einen der kleinen auf den Arm. Wären wir jetzt zu Hause in Deutschland, hätten wir ab heute ein neues Familienmitglied.

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Schließlich verabschieden wir uns dann aber doch entgültig und treten wieder in die Pedale. Heute abend wartet wieder jemand auf uns. Ein Paar von WarmShowers.

Der Tag verläuft recht ereignislos. Nach wenigen Kilometern erreichen wir die befestigte Straße und bald darauf ist richtig viel Verkehr. Hier fahren die ganzen LKW, die wegen der durch das Erdbeben vor unserer Ankunft zerstörten Straße nun nicht mehr die Ostküste entlang fahren können.

Bald wünschen wir uns zurück auf die Schotterstraße. Einmal biegen wir sogar ab, um erneut eine „Abkürzung“ zu wagen. Doch dann kommt uns ein anderer Radler entgegen und berichtet von Flüssen, die über die Schotterstraße brausen und wir überlegen es uns anders.

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Am Nachmittag erreichen wir den Ort, doch wo genau unsere Gastgeber wohnen, finden wir auf der Karte nicht heraus. Wir fragen jemanden an der Straße und er erklärt uns, dass es bis dort noch gute zehn Kilometer sind. Na toll. Wir waren echt froh, angekommen zu sein.

Er sieht unsere langen Gesichter und die hilfsbereite Seite der Kiwis blüht auf. Wir dürfen die Räder auf den Pickup laden und er fährt uns bis zum Ziel.

Unser Glück ist gleich doppelt groß, denn diesen Ort hätten wir alleine nie gefunden! Es gibt keine Hausnummer und keinen Briefkasten. Die Einfahrt ist zwischen all den Bäumen kaum zu erkennen. Unser netter Fahrer erklärt uns auch die seltsamen Hausnummern des ländlichen Neuseelands: Es ist eine Kilometerangabe! Unsere Gastgeber wohnen in der Nummer 333. Also 3,33km vom Begin der Straße aus.

Allerdings sind sie ganz schöne Chaoten, er hat einen etwas unangehmen Charakter und wir fühlen uns nicht richtig wohl bei ihnen.

Auch unbefriedigend ist, dass sie keine Verbindung zur Außenwelt haben. Es gibt in der ganzen Gegend keinen Empfang. Dabei müssten wir unbedingt mit dem Handyladen in Wellington telefonieren. Die brauchen nämlich immer noch die entgültige Adresse, an die sie das Handy schicken sollen.

Interessant ist allerdings, dass sie uns von der „Flut“ erzählen. Es hat in der letzten Nacht wohl so viel geregnet, dass am Morgen eine richtige Flutwelle durchs Tal ging und die Katze der beiden musste von einem Mann mit Kajak aus einem Baum gerettet werden.

Dario koch und wir bekommen Tipps zu ein paar Radrouten. Dann sehen wir zu, dass wir in unser Zelt kommen. Morgen wollen wir früh los.

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Was braucht man mehr
Tag 100 (20.01.2017)

Wir kommen tatsächlich zeitig los, müssen jedoch schon wieder anhalten, kaum dass wir die Straße erreichen. Bei meinem Gepäckträger ist eine Schraube gebrochen.

Just in diesem Moment kommen zwei deutsche Radfahrer in unserem Alter vorbei. Sie halten an und wir erklären unser Problem. Sie lachen. Auch ihre Gepäckträger stammen von AdventureCycles in Auckland und auch bei ihnen ist schon mal die Schraube gebrochen.

Ich laufe zurück zu unseren Gastgebern, die glücklicherweise eine entsprechende Schraube dahaben. Gerettet!

Weiter geht’s. Unterwegs fragen wir andere Reisende, ob wir ihr Handy benutzen können, doch wir sind noch immer in dem Gebiet ohne Empfang unterwegs.

Wir fluchen und hoffen auf ein Wunder. Oder eine Telefonzelle.

Schließlich finden wir beides in einem winzigen Örtchen. Dort gibt es nämlich nicht nur eine Telefonzelle, sondern auch einen kleinen Laden, dessen sehr nette Besitzerin uns sogar telefonieren lässt. Und was noch viel besser ist, sie hat Internet.

Durch einen witzigen Umstand sogar das schnellste, das wir in letzter Zeit zur Verfügung hatten. Ganz in der Nähe wohnt nämlich eine sehr reiche Familie und die haben hunderttausende von Dollar dafür aufgewendet, eine ordentliche Internetverbindung herstellen zu lassen. Wovon auch die Dörfler profitieren.

Und nun wir, denn sie lässt uns all unsere Angelegenheiten regeln. Wozu zum Beispiel auch gehört, mal wieder ein Lebenszeichen an Mami zu senden.

Wir kaufen während dem Organisieren zwei Eis im Laden und überlegen, ob wir der netten Dame ein paar Dollar zum Dank geben sollen. Statt dessen drückt sie uns jedoch zum Abschied sogar noch Gemüse aus dem Garten in die Hand.

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Die Landschaft auf der Weiterfahrt ist wunderschön und abends halten wir einfach an einem Bauernhof und fragen einen alten Mann im Schaukelstuhl, ob wir unser Zelt auf der Kuhweide aufbauen dürfen.

Er lacht und genehmigt es gerne. Dann wünscht er uns viel Glück auf der Suche nach einem trockenen Fleckchen. Dieses finden wir tatsächlich nur mit Mühe, vor allem, da wir zudem den Anspruch hegen unser Zelt nicht auf einem Kuhfladen zu errichten.

Die Mühe wird jedoch belohnt, denn wir blicken über ein wunderschönes nebeliges Tal. Und als es dunkel wird in einen klaren Sternenhimmel.

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Westport
Tag 101 (21.01.2017)

Heute erreichen wir Westport und mieten uns auf dem dortigen Campingplatz ein. Leider wird die Stadt ihrem Ruf gerecht und es beginnt zu regnen. Wir ziehen das trockene Kino anderen Aktivitäten vor.

Westküste – Wind, Regen, Wunder
Tag 102 (22.01.2017)

Als wir aufbrechen regnet es noch nicht. Doch dieser Zustand währt kaum zehn Minuten. Und bald darauf gießt es in Strömen. Hinzu kommt massiver Gegenwind.

Das Ergebnis: Wir kommen kaum von der Stelle und sind bald schon völlig durchnässt.

Wir überlegen wirklich umzukehren, doch das fühlt sich so unbefriedigend an, dass wir lieber weiter kämpfen. Irgendwann werden Regen und Wind schwächer und wir können die Fahrt wieder genießen.

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Tatsächlich radeln wir weiter und weiter, statt schnellstmöglich eine neue Bleibe zu suchen. Und am Nachmittag ist es endlich so weit: Wir überqueren eine Hügelkuppe und zu unseren Füßen liegt das tosende Meer der Westküste.

Gekrönt wird der Zauber von einem gradiosen Sonnenuntergang.

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Einen Campingplatz finden wir schließlich auch. Und das Beste: Nichts und Niemand weit und breit in Sicht, bei dem man bezahlen könnte. Wir fühlen uns auch nicht so richtig in der Pflicht, denn es gibt nicht mal eine Toilette. Die wäre schon Minimum um einen Ort wirklich als Campingplatz durchgehen zu lassen.

 

Pancake Rocks
Tag 103 (23.01.2017)

Wir brechen früh auf und machen einen schönen Spaziergang an die Küste.

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Selbst die Pancake Rocks erreichen wir, bevor die großen Touristenmassen sie stürmen. Diese Felsen sind besonders schöne Formationen an der Küste. Und ungewöhnlich ist, dass ihre Schichtung horizontal ist. Halt wie gestapelte Pancakes.

Zudem spritzen die Wellen hoch zwischen ihnen auf. Sehr effektvoll.

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Die Fahrt an der Westküste entlang ist sehr schön, aber auch sehr anstregend. Es geht viel auf und ab. Als es gegen Abend wieder zu regnen beginnt (wir sind gerade mal einigermaßen trocken), haben wir keine Lust mehr, die letzten Kilometer bis Greymouth zu fahren. Stattdessen fragen wir bei zwei kleinen Motels an, ob sie nicht vielleicht für ein paar Dollar einen Platz für unser Zelt haben.

Der Besitzer des einen reagiert recht unfreundlich. Dafür ist die Besitzerin des anderen umso freundlicher. Es gibt keinen wirklich guten Platz für unser Zelt, aber dafür macht sie uns einen überaus netten Preis für eines der Studios. 50$ sind so gut, dass wir tatsächlich einwilligen. Denn letztendlich käme der teure Campingplatz in Greymouth sicher fast auf den gleichen Preis. Nur, dass wir jetzt ein sehr bequemes, kuscheliges Bett und ein eigenes Bad haben. Und genug Platz um unsere feuchten Kleider aufzuhängen.

Morgen geht es weiter nach Hokitika.

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